Berücksichtigung und Kompetenzausbau der Pflege bleiben zentrales Anliegen
Werkgespräche finden im 14-tägigen Rhythmus immer Donnerstag um 12 Uhr statt.

Berücksichtigung und Kompetenzausbau der Pflege bleiben zentrales Anliegen

Im vergangenen Werkgespräch mit Christine Vogler, Geschäftsführerin und Präsidentin des Deutschen Pflegerates, haben wir über die Digitalisierung und Zukunft der Pflege gesprochen.

Das WERKGESPRÄCH #22 mit Christine Vogler fand am 16.05.2024 als Social-Audio auf LinkedIn statt.

Digitalisierung in der Pflege ist notwendig. Dieser Ansicht sind professionell beruflich Pflegende. Damit diese Berufsgruppe eine schnell vorangehende Digitalisierung auf breiter Ebene erlebt, sind einige wichtige Weichenstellungen nötig. Problematisch ist, dass die Pflege häufig nur reagieren kann, wenn es darum geht, ihre Perspektiven und Forderungen zu adressieren. Das hat einen zentralen Grund:

Es fehlt eine mit Ressourcen ausgestattete Organisation in der Pflege, die ich aktiv und früh genug in den Diskurs des aufgrund der Digitalisierungsbemühungen verändernden Gesundheitsgeschehen einbringen kann.

Ohne eine institutionalisierte Vertretung ist es schwierig, zu agieren. Die Pflege ist alles andere als zurückhaltend, wenn es um Digitalisierung geht. Schon gar nicht versteht man sich als Verweigerer nötiger Entwicklungen. Vielmehr muss Fachpersonal, das täglich in der Pflege arbeitet, die Prioritäten setzen, die den Menschen im Blick behält. Es liegt nicht am »Wollen«, sondern es ist schlicht nicht möglich, im pflegerischen Alltag die Zeit zu finden, sich als Berufsgruppe zu versammeln, um eine gelingende Digitalität zu diskutieren und zu entwickeln.

Bei der Einführung digitaler Unterstützungsmodule ist die Erfahrung der letzten zehn Jahre, dass diese zunächst für Mehrarbeit bei der Einführung sorgen, aber im Nachgang keine echte Entlastung schaffen. Gut gemeinte Lösungen treffen auf den harten Boden der Realität in der Pflege.

Die echte Unterstützung, der spürbare Mehrwert fehlte bisher.

Die bisherigen Lösungen wie die elektronische Patientenakte oder der Kartenleser waren nicht praktikabel und werden, wenn das so weitergeht, die Digitalisierung in der Wahrnehmung der Pflegenden verbrennen. Das liegt auch daran, dass ein zentrales Interesse wie Abrechnung zunächst nicht im Fokus gelingender Pflege stehen. Abgerechnet werden muss. Die Anforderungen an den Pflegealltag sind jedoch viel spezieller, als technisch orientierte Digitalexperten vermuten.

Eine Leidenschaft bei der Profession Pflege für Digitalisierung zu entfachen, das gelingt nur, indem man einen Mehrwert entwickelt, indem Daten übertragen werden können, die an der richtigen Stelle ankommen. Die Pflege wünscht sich einen Datenfluss zwischen den verschiedenen Akteuren im System, denn egal wo Menschen gepflegt werden müssen, sind die Daten relevant. Pflege ist das große Querschnittsthema zwischen Krankenhaus, Haus- und Facharzt und funktionsorientierten Diensten. Das Thema Datenschutz hält hier besondere Herausforderungen bereit. Und das Thema übersteigt dann schnell die Kapazitäten.

Eine der zentralen Stellschrauben für die Pflege ist ihr Kompetenzausbau.

Meist haben Pflegende die Kompetenz, aber ihnen fehlt im Bereich der pflegerischen Tätigkeit die Handlungsfähigkeit, da immer auf Ärzt:innen zurückgegriffen werden muss. Wie soll man sich in ein System einklinken können, wenn man am Ende nicht beteiligt wird? Wenn man keine Verordnung ausstellen kann, warum soll man sich dann an der Entwicklung einer elektronischen Verordnung beteiligen? »Hier fehlt der Pflege der nötige Einfluss im Alltag«, betont Christine Vogler und sie betont: »So können die Möglichkeiten der Digitalisierung in der Ausgestaltung der Pflege nicht genutzt werden«.

Telepflege ist künftig nötig, weil die Zahl der Pflegenden abnehmen wird. Die Pflege bzw. die Leistungserbringer, die am Patienten tätig sind, müssen für diese Aufgaben ihrer Arbeit an den digitalen Lösungen beteiligt sein. Und dann muss es Hand in Hand gehen (Dauerthema Interoperabilität).

Die Pflege wird in gesetzgeberische Prozesse nach wie vor nicht richtig eingebunden. Nicht einer der 18 vom Deutschen Pflegerat in die Kommentierung eingebrachten Punkte wurde in der Krankenhausreform berücksichtigt. Digitalisierung wird immer noch nebenher gedacht. Der volkswirtschaftliche Nutzen durch eine Verbesserung der Versorgung und Pflege liegt auf der Hand, wird aber vom Gesetzgeber nicht gesehen. Die andauernde Nichtbeachtung der Pflege (auch durch die Gesetzgebung) führen natürlich zu einer Demotivation, sich noch weiterhin einzubringen.

Der Gesetztgeber muss mutiger werden und den internationalen Standards folgen.

Die Angst vor der Zukunft der Pflege beschäftigt auch die Teilnehmenden.

Christine Vogler verweist auf die Vorbereitung mit Blick auf die anstehende Veränderung. Hierzu gehören Aspekte, wie eine Progression und Stärkung von Gesundheitskompetenz oder die Einbindung in das Bildungswesen. Wir müssen uns die Menschen im Land wie pflegende Angehörige als Partner an Bord holen. Diese haben auch ein Interesse an einer Entlastung bei der Pflege in ihrem Alltag. Auch Robotik wird uns zukünftig essenziell in der Pflege unterstützen. Dabei kann Robotik jedoch nicht die menschliche Komponente ersetzen. Wir müssen Wege finden, die Kompetenzen zwischen den Generationen zu übertragen.


Das nächste Werkgespräch findet am 7. Juni statt. Folge der Seite DIGITALWERK und verpasse keine Einladung mehr.

Zum Anzeigen oder Hinzufügen von Kommentaren einloggen

Weitere Artikel von DIGITALWERK

Ebenfalls angesehen

Themen ansehen