Das Branchen-Comeback
Es war einst eine der Vorzeigebranchen Deutschlands – die Porzellanindustrie. Namen wie Rosenthal, Villeroy & Boch oder KPM. Doch dann kam wohl die längste Krise, die ein Industriezweig erlebt hat. Nun scheint sie vorbei.
Es herrscht eine optimistische Stimmung im Porzellan-Land Deutschland. Grund: Die Umsätze ziehen nach langer Durststrecke und trotz Einbruch des russischen Markts wieder an. Im vergangenen Jahr kletterte der Umsatz nach Verbandsangaben um 6 Prozent. 340 Millionen Euro in Summe scheinen im Vergleich zur Automobilindustrie marginal, die einen Umsatz von über 404 Milliarden Euro generiert. Aber die Unternehmen, die das jahrelange Ringen um die Existenz überlebt haben, können sich wieder Hoffnung auf gute Geschäfte machen.
Vor allem die Traditionsmarken wittern Morgenluft. Das Geschäft mit hochwertigem Porzellan läuft wieder. Vor allem in China. Das bestätigt auch Gianluca Colonna, Geschäftsführer der Rosenthal GmbH. „China im speziellen, wo wir mit einer eigenen Tochtergesellschaft vertreten sind, aber auch die weiteren asiatischen Märkte wachsen. Erholt haben sich zudem die Märkte in Südeuropa und im Nahen Osten, etwa der Iran.“
Und auch hierzulande besinnt man sich auf Feines, wenn man sich zu Tisch setzt. „Man legt eben wieder Wert auf Qualität und gutes Design auf dem heimischen Tisch“, sagt Colonna.
Es hat lang genug gedauert und Manufakturen wie Rosenthal oder Villeroy & Boch haben sich in den turbulenten Zeiten neu erfunden, allerdings im Fall von Rosenthal auf Kosten von ihren deutschen Wurzeln. Rosenthal wurde zunächst von Wedgwood geschluckt und ging mit ihnen in der Krise fast unter. Das Unternehmen, dessen Produkte in der Ära von Philip Rosenthal zu Kult wurde, ging 2009 in ein Insolvenzverfahren.
Heute spricht man italienisch in der Chefetage in Selb. Sambonet Paderno, das von zwei Brüdern geführte Haushaltunternehmen, investierte. Setze bei der Restrukturierung auf die Tradition des innovativen Designs. Junge und gefragte Designer entwickeln mit den Unternehmenskreativen schräges und edles. Nicht nur für die Kernmarke Rosenthal, sondern auch für die Einsteigermarke Thomas, der wir übergroße Pasta-Teller auf den Tischen zu verdanken haben.
Doch spätestens zur Hochzeit steht das „gute“ Porzellan mit dem Rosenthal-Signet auf den Wunschtischen. Das Geschäft im Windschatten der Treueschwüre ist ein zuverlässiger Umsatztreibe. Heute auch online. Ein Zeichen, dass man mit der Zeit geht.
Das gilt nicht nur für die überwiegend im Raum Selb sitzenden Porzellanindustrie, sondern auch für die börsennotierte Firma Villeroy & Boch. Allen gemeinsam ist: Man setzt dabei allerdings auf künstlerische Innovation. Aber auch neue Techniken wie 3D-Druck halten Einzug in die Fertigung der Manufakturen.
Das hat eben positive Auswirkungen. Beim börsennotierten Unternehmen Villeroy & Boch verbesserte sich beispielsweise das operative Ergebnis (EBIT) 2015 um knapp Prozent auf 42,1 Mio. Euro. Das sind Steigerungsraten, von denen eine Autoindustrie träumen kann.
Gut so.