Die doppelte Wohlstandsillusion vieler Deutscher und die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwanderung für unser Land

Die doppelte Wohlstandsillusion vieler Deutscher und die wirtschaftliche Bedeutung der Zuwanderung für unser Land

Vor einigen Tagen hat mich eine Umfrage des ifo Institute – Leibniz Institute for Economic Research stutzig gemacht. Die Forscher hatten als Teil ihres großen Bildungsbarometers rund 4000 Menschen danach befragt, welche Maßnahmen sie gegen den #Fachkräftemangel favorisieren. 78 Prozent befürworteten mehr Weiterbildung und die Qualifizierung von Arbeitslosen. Ganze 12 Prozent votierten für #Zuwanderung in den Arbeitsmarkt und noch weniger hielten es für eine gute Idee, wenn wir mehr arbeiten.

Diese Einschätzung schien mir nicht recht zu den Zahlen zu passen, die ich zur Größe des Arbeitskräftemangels in Deutschland und den Prognosen dazu im Kopf hatte.

Ich fragte daher bei zwei der besten deutschen Arbeitsmarktexperten nach: Herbert Brücker , Professor an der Humboldt-Universität zu Berlin und Leiter des entsprechenden Forschungsgebietes beim Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung sowie Oliver Stettes der das Themenfeld „Arbeitswelt und Tarifpolitik“ beim Institut der deutschen Wirtschaft leitet.

Das Ergebnis ist ein Einblick in eine doppelte Wohlstandsillusion vieler Deutscher. Sie unterschätzen die Gefährlichkeit des Arbeitskräftemangels für unseren Wohlstand und sie blenden die Tatsache aus, dass die Lücke ohne mehr Zuwanderung nicht zu schließen sein wird.

Um es mit den Worten Herbert Brückerd zu sagen: "Es ist vielleicht brutal, aber völlig eindeutig: Ohne Zuwanderung wird es nicht gehen".

Ein paar Zahlen:

Die Gruppe der heute 15-24-Jährigen in Deutschland ist um 800.000 Personen kleiner als die Gruppe der heute 55-64-Jährigen. Geht man von einer normalen Erwerbsbeteiligung von 80 Prozent aus, entsteht allein in dieser kurzen Zeit eine zusätzliche Lücke von zwei Millionen Arbeitskräften. (Stettes)

Zwischen den Jahren 2020 und 2060 (gar nicht so lange hin) sinkt die Zahl aller potenziellen Erwerbspersonen in Deutschland von 47,4 Millionen auf 31,3 Millionen. Es fehlen dann also 16,4 Millionen potenzielle Arbeitskräfte. (Brücker)

Davon könnten rund 2,4 Millionen ausgeglichen werden durch eine längere Lebensarbeitszeit, eine höhere Erwerbsbeteiligung von Frauen und Älteren oder mehr Vollzeit statt Teilzeit. Bleibt eine Lücke von 14 Millionen.

Um sie zu schließen, müssten bis 2060 in jedem Jahr konstant 400.000 Menschen netto nach Deutschland einwandern. (Brücker)

Eigentlich müssten es aber eher 500.000 sein, denn mit dem Ausscheiden der Baby-Boomer wächst auch die Zahl der Rentner und Pensionäre. Und zwar so: 2020 betrug das Verhältnis von Rentnern zum Erwerbspersonenpotenzial bereits 43 Prozent. Ändern wir nichts, so ist es 2060 bei 80 Prozent. Selbst bei einer Netto-Einwanderung von 400.000 läge es noch bei 59 Prozent. Es kämen auf jeden Rentner also nicht einmal mehr zwei Erwerbstätige.

Der Kampf gegen die Arbeitslosigkeit ist natürlich wichtig. Aber er war zuletzt bereits sehr erfolgreich. Seit 2005 hat sich die Arbeitslosigkeit in Deutschland halbiert. Kamen 2010 auf jede offene Stelle noch 3,5 Arbeitslose, sind es aktuell nur 1,3. Die Tendenz geht gegen 1:1, da es immer mehr offene Stellen gibt.

Es gibt in Deutschland rund eine Million Langzeitarbeitsose. Jede Anstrengung lohnt, sie wieder in Arbeit zu bringen. Doch selbst wenn es gelänge, die Langzeitarbeitslosigkeit auf null zu senken (was illusorisch ist), ist ihre Zahl doch viel zu klein, um das Problem des Arbeitskräftemangels, geschweige denn des Fachkräftemangels zu beheben.

500.000 Zuwanderer im Jahr sind übrigens nicht illusorisch. Seit der Wiedervereinigung kamen im Mittel 300.000 Menschen pro Jahr nach Deutschland. Im letzten Jahrzehnt ist die Zahl der erwerbstätigen Ausländer um 2,6 Millionen gestiegen. Nur mit ihnen waren das Wachstum, die steigenden Steuereinnahmen und steigenden Einnahmen der Sozialversicherungen möglich (Brücker).

Was wir brauchen: Eine klare positive Sicht auf die Arbeitsmigration nach Deutschland. Eine Willkommenskultur in der deutschen Bürokratie (Stettes)- und vor allem eine leichtere Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse in Deutschland (Brücker).

Alle Informationen mit mehr Kontext hier in meinem Beitrag bei Business Insider Deutschland.

Donato Elio Keller

Psychologe und Intern bei UBS Marketing & Business Development | Wolfsberg

1 Jahr

Sorry, aber das ist falsch. Folgendes Szenario haben wir aktuell, auch in DE: wir haben massive Zuwanderungen, es kommen sehr viele Leute zu uns, teils unkontrolliert (Dank den Linken; Grünen & SP). Dies führt zu Problemen, wie etwa Platzmangel, Wohnungsmangel. Folge: der Staat sagt man muss mehr Wohnungen bauen. Was passiert jetzt? Herr Aklin bekommt Aufträge hier 3 Wohnsiedlungen zu bauen für die Menschen natürlich, Herr Aklin hat jedoch nur 3 Maurer zur Verfügung, er hat zu wenig Mitarbeiter für diesen neuen Bedarf, er hat also einen Fachkräftemangel. So einfach ist das. Und nun sagen viele, dass die Zuwanderung die Lösung für den Fachkräftemangel sei. So viele Menschen kann man gar nicht ausbilden zur Fachperson, und das zahlt ja jemand. Das Problem mit der Krankenkasse ist auch falsch angegangen worden. Es ist ganz einfach; Die Leute zahlen weniger für die Krankenkassenprämie, und man muss den Selbsbehalt auf 2500.- setzen. Ganz einfach.

Wolfgang P.P. Fischer

Senior Expert for Systems, ELV’s+RLV’s, TPS & Cryo

2 Jahre

Ich kenne auch keine Bereiche für die das gilt. Bitte konkrete Beispiele benennen, Diana.

Franz Mertens

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2 Jahre

Die Zuwanderung der letzten Jahre fand hauptsächlich in unsere Sozialsysteme statt, nicht an unsere Universitäten oder unseren Arbeitsmarkt. Daher ist Zuwanderung kein Lösungsweg. Deutschland hat in den letzten 30 Jahren massiv an Ansehen als Studienplatz und an Attraktivität als Arbeitsplatz verloren. Eine Ursache ist, dass weniger Deutsch an der Schule im Ausland gelehrt /gelernt wird und damit die Hürde für Studium und Arbeitsaufnahme gestiegen sind. Dazu kommt die Bürokratie und auch der Abstieg Deutschlands. BER war kein Aushängeschild, Schlusslicht bei der Digitalisierung, alle wichtigen Themen dauern ewig bis zur Entscheidung und noch länger zur Umsetzung. Wer Erfahrung sammeln möchte oder als Spezialist einen guten Ruf erwerben möchte, geht woanders hin. Desweiteren sind die Möglichkeiten der Automatisierung in Deutschland nicht ausgeschöpft und Berufe im sozialen / pflegerischen Bereich von den Arbeitsbedingungen und Löhnen nicht attraktiv genug gestaltet. Vielmehr wurde die letzten Jahrzehnte an einer systematischen Überlastung des Personals gearbeitet, was dann auch entsprechenden Mangel zur Folge hat.

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