Extended Reality, die Erweiterung der Wirklichkeit
Extended Reality (XR) ist eine der wichtigsten Entwicklungen der digitalen Unterhaltungsindustrie.
Sie verwirklicht, was in den 1980er und 90er Jahren noch Stoff für Science-Fiction war: Filme, in denen die Protagonisten nicht vor dem TV-Bildschirm, sondern mitten im Raum saßen und ihre Ferngespräche nicht per Telefon, sondern mit 3D-Projektoren führten. Es verwundert daher nicht, dass die real gewordenen Möglichkeiten der Extended Reality vor allem aus der Unterhaltungselektronik stammen.
Der Eintritt in die virtuelle Welt
Die Extended Reality ist kein normierter Begriff, sondern eine Sammlung von unterschiedlichen Konzepten. Begonnen hat es mit der Virtual Reality (VR), der Simulation einer rein virtuellen Welt. Entstanden ist diese Welt auf Basis von Filmen und Videospielen, die mit 3D-Animationen angereichert wurden. Während 3D-Filme bei vielen heute nur noch ein müdes Gähnen auslösen, erlaubt uns die Virtual Reality, in eine andere Welt einzutauchen und die uns bekannte Realität hinter uns zu lassen. Noch wird das mit VR-Brillen realisiert, die den Nutzer von der Außenwelt abschotten und die Illusion erzeugen, sich in einer anderen Welt zu bewegen. Die Illusion ist dabei nicht nur visuell, sondern spricht mit Sound und Vibrationen möglichst viele Sinne an. Eine neue Stufe davon könnten spezielle Handschuhe oder Ganzkörperanzüge sein, die den Menschen als Ganzes in die virtuelle Welt befördern. Kälte, Hitze, ‘Wind’, Nässe oder Berührungen könnten so direkt in die Realität der Nutzer übertragen werden. Andere Studien setzen sich mit Möglichkeit von olfaktorischen Reizen auseinander und untersuchen die Aktivierung von Geruchs- und Geschmackssinnen.
Die Grenzen verblassen
Davon abzugrenzen ist die Augmented Reality (AR) als Erweiterung der realen Welt mit virtuellen Komponenten. Ein perfektes Beispiel hierfür ist die Spiele-App „Pokémon Go“. Der Spieler bewegt sich mit seinem Mobilgerät in der realen Welt, wobei die App die beliebten Taschenmonster erscheinen lässt. Mithilfe der Kamera wirkt es so, als wären die Geschöpfe greifbar nahe. AR stellt eine Verbindung mit der digitalen Welt her, wobei der Schwerpunkt auf der realen Welt liegt.
Noch weiter geht die Mixed Reality (MR), auch wenn dieser Begriff von allen am wenigsten definiert ist. MR verbindet die virtuelle Illusion mit der Realität, sodass die Grenze zwischen Realität und Parallelwelt verschwimmt. Ein Beispiel ist der Einsatz von VR-Brillen in diversen Freizeitparks. Das können Sie sich etwa wie eine Achterbahnen oder eine Geisterbahn auf Steroiden vorstellen. Die Fahrt findet natürlich in der Realität statt – ihr Körper spürt die echte Beschleunigung – und bestimmt dadurch das physische Erlebnis. Die visuelle Wahrnehmung liegt jedoch in der virtuellen Welt, wodurch das Gesamterlebnis ein völlig anderes wird.
Fassen wir zusammen: Die VR interagiert mit den Nutzerhandlungen. Sie ist manipulierbar und nicht real. AR und MR basieren dagegen auf realen Handlungen und Umständen. Sie sind nur bedingt durch den Nutzer selbst manipulierbar, werden dafür umso realistischer erlebt.
Mehr als nur Unterhaltung?
Noch dienen XR-Anwendungen unserer Unterhaltung. Doch mittlerweile haben auch andere Branchen die Möglichkeiten der Extended Reality entdeckt. Wie bei vielen Innovationen ist die Werbebranche eine der ersten, die versucht, die neuen Technologien zu adaptieren. Denn die virtuelle Welt bietet viele Möglichkeiten, um beispielsweise das klassische Ladenerlebnis zu den Kunden zu bringen, die mittlerweile bevorzugt im Internet einkaufen möchten. Doch auch virtuelle Urlaubsbesuche haben sich bei einigen Reiseanbietern als effektives Werbemittel bewährt. Im Laden können wir schon heute dank AR zusätzliche Informationen über Produkte aufrufen, etwa Allergiehinweise und Inhaltsstoffe, oder vergleichbare Artikel suchen und deren Standort im Laden angezeigt bekommen. Auch in der Erwachsenen-Unterhaltungsindustrie erfreut sich XR immer größerer beliebtheit.
Scott Adams, Schöpfer der Dilbert Comics, sagte hierzu 1994: "Wenn Virtual Reality billiger wird als Dating, ist unsere Gesellschaft dem Untergang geweiht.”
Auch für die gerade in Großunternehmen gerne gepflegte ‘Meetingkultur’ bieten virtuelle Meetings eine interessante Alternative. Wo sonst die Präsenz (inklusive An- und Abreise) der Teilnehmer erforderlich ist (und somit enorme Zeit- und Kostenressourcen anfallen) könnten Teilnehmer künftig in virtuellen Räumen zusammenkommen.
Die virtuelle Zukunft?
Von der Unterhaltungselektronik über virtuelle Wohnungsrundgänge bis hin zu Virtual Offices – die Möglichkeiten der Technologie erweitern sich rasant. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis noch mehr Unternehmen die Extended Reality und deren Nutzen für sich entdecken. All diese Anwendungen dienen bisher dazu, sowohl den Komfort als auch den Spaß an alltäglichen Erlebnissen zu steigern. Dabei lassen XR-Anwendungen allerdings eine viel ernsthaftere (um nicht zu sagen sinnvollere) Nutzung zu, zum Beispiel für die Traumabewältigung, Bildung, oder Trainings.
Die wirkliche interessante Frage, die wir uns stellen sollten ist allerdings nicht, ob XR kommt, oder welche neuen Nutzungsfelder Sie uns eröffnen; vielmehr sollten wir uns fragen, woher diese Faszination für XR kommt.
Hier ein paar Thesen und Gegenthesen, die ich gerne mit Ihnen diskutieren würden:
- XR lässt uns träumen. XR bietet uns eine Abwechslung aus unserem Alltag, ein kurzfristiges Entkommen, wenn Sie so wollen.
- XR nimmt uns die Vorstellungskraft. Wie auch Filme im direkten Vergleich mit Büchern unsere Imagination einschränken, so schränkt XR unsere Vorstellungskraft ein.
- XR nimmt uns die Angst. Dank XR können wir Dinge tun, die wir im wirklichen Leben nie wagen würden.
- XR macht uns noch mehr Angst vor der Realität. Weil XR-Erfahrungen so sicher und einfach sind, wird die Realität in naher Zukunft ein Loch von viel mehr Angst bekommen.
- XR bringt uns in Bewegung. Erinnern Sie sich an die Pokémon Go-Pandemie in der die Medien von Spielern berichteten die um ein seltenes Pokémon zu fangen Autobahnen überquerten und andere verantwortungslose Unternehmungen wagten die auf Schäden in Höhe von über 7,5 Milliarden Dollar geschätzt werden?
- XR macht uns faul. Dank VR müssen wir die Dinge nicht mehr selbst erleben, sondern könnten theoretisch vom Sofa oder der der Therme aus den nächsten Strandurlaub geniessen...
Wie stehen Sie zur Extended Reality?
Mit dieser Frage verabschiede ich mich und freue mich auf Ihre Kommentare und Direktnachrichten.
Sie möchten erfahren, welches Potenzial Extended Reality für Ihr Unternehmen bereithält? Dann sprechen Sie mich an und wir entwickeln gemeinsam sinnvolle und sinnstiftende Konzepte für die Zukunftsfähigkeit Ihres Unternehmens.
Mit herzlichen Grüßen,
Kim Y. Mühl // Botschafter für sinnvolle und sinnstiftende Digitalisierung