Faktenbasiertes HR-Management oder Das Ende des Gießkannenprinzips
Den Mitarbeiter in den Mittelpunkt zu stellen, das ist Kernelement einer People Company. Was vielleicht schon etwas abgedroschen klingen mag, ist mitunter keine einfache Aufgabe. Denn der einmal pro Woche gelieferte Obstkorb zur Förderung der Gesundheit und ein neuer Kickertisch zur Stärkung des Teamgefühls sind vielleicht nette Gesten, aber adressieren sie wirklich die tiefen Bedürfnisse Ihrer Mitarbeiter? Womöglich nicht.
Dass es wichtig ist, die Mitarbeiter verstärkt ans Unternehmen zu binden, liegt auf der Hand. Der vieldiskutierte Fachkräftemangel führt dazu, dass es immer schwerer wird, qualifizierte Mitarbeiter zu finden und für sich zu begeistern. Wer als People Company vorgeht, schlägt gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Zum einen verringert sich die Fluktuation, so dass weniger neue Fachkräfte gesucht werden müssen. Zum anderen helfen zufriedene Mitarbeiter auch dabei, die Arbeitgebermarke zu stärken und qualifizierte Fachkräfte anzuziehen. Denn der Aufbau einer Arbeitgebermarke erfolgt immer von innen nach außen.
Kennenlernen der Mitarbeiter
Eine People Company geht analytisch vor. Es geht zunächst darum, die Mitarbeiter besser kennenzulernen, mit ihren Bedürfnissen, Anforderungen und Wünschen, aber auch Unsicherheiten und Ängsten, um die Maßnahmen dann so konkret wie möglich darauf abzustimmen. Ähnlich wie das Marketing versucht, so viel wie möglich über seine Kunden zu erfahren, um gezielt Aktivitäten planen zu können, stehen auch Personalverantwortliche vor der Aufgabe, sich im Detail mit ihren Kunden – den Mitarbeitern – zu befassen. Und so wie sich ein Kunde auf diese Weise stärker angesprochen und wertgeschätzt fühlt, geht es auch den Mitarbeitern in einem Unternehmen.
People Analytics ist der Schlüssel
Doch wie kann das gelingen? People Analytics ist das Gebot der Stunde. Dabei geht es darum, Daten aus unterschiedlichen internen und externen Quellen heranzuziehen, um mögliche Zukunftsszenarien zu erstellen und Zusammenhänge aufzudecken.
Die Erhebung der Daten umfasst drei Bereiche:
- Über klassische HR-Systeme können sich Personaler einen Überblick über demografische Daten verschaffen. Dazu gehören beispielsweise Altersstruktur, Geschlechterverteilung oder Fluktuation. Sind es zum Beispiel hauptsächlich männliche Kollegen, die Führungspositionen innehaben? Wie divers ist das Unternehmen im Hinblick auf die verschiedenen Generationen aufgestellt?
- Regelmäßige Mitarbeiterbefragungen helfen nicht nur dabei, die Wünsche und Bedürfnisse der Mitarbeiter zu erfragen. Sie lassen auch Rückschlüsse auf bestimmte Entwicklungen zu, vorausgesetzt, es werden immer die gleichen Fragen gestellt. Zudem ist es möglich, kurzfristig Stimmungsbilder einzufangen. Gerade während der Corona-Krise ist es durchaus sinnvoll, die Mitarbeiter regelmäßig nach ihrer Stimmung und Motivation zu befragen, um gegebenenfalls Ad-hoc-Maßnahmen daraus abzuleiten.
- Und schließlich bilden persönliche Gespräche eine sehr wertvolle Datenquelle. Wenn ein Mitarbeiter erst neu im Unternehmen angefangen hat, ist es beispielsweise interessant zu erfahren, wie er den Bewerbungs- und Einstellungsprozess empfunden hat. Wenn seine Einarbeitung abgeschlossen ist, kann ein Feedback zum Onboarding hilfreich sein. Und bei einer Kündigung empfiehlt sich ein Exitgespräch, um wertvolle Informationen darüber zu erhalten, womit der Mitarbeiter gegebenenfalls unzufrieden war.
Prognosen erstellen und Korrelationen aufdecken
Es geht allerdings nicht nur darum, Zahlen und Fakten zur Belegschaft zu sammeln. Vielmehr bieten sie die Möglichkeit, nutzbare Erkenntnisse daraus zu gewinnen und Prognosen für die Zukunft zu erstellen. So lassen sich schneller bestimmte Muster erkennen. Betrachtet man beispielsweise die Abteilungen mit den niedrigsten Abwesenheitsraten, so lassen sich vielleicht bestimmte Gemeinsamkeiten feststellen. Vielleicht bieten gerade diese Abteilungen im Gegensatz zu anderen umfassende Coaching-Möglichkeiten für ihre Mitarbeiter an? Diese Erkenntnis lässt durch eine Mitarbeiterbefragung validieren, und anschließend auch für andere Abteilungen umsetzen.
Solche Muster zu erkennen und entsprechend darauf zu reagieren, birgt ein riesiges Potenzial für das gesamte Unternehmen. Und es ist aus meiner Sicht die Zukunft. Angesichts des Fachkräftemangels und des fortschreitenden Wandels der Arbeitswelt können wir es uns als HR-Abteilung nicht länger leisten, Maßnahmen nach dem Gießkannenprinzip zu ergreifen. Es geht darum, faktenbasiert zu agieren – und so das Richtige zu tun, für das Unternehmen und für die Mitarbeiter.
Mehr über dieses Thema könnt ihr auch in meinen Blogbeiträgen erfahren.