"Win on Sunday, Sell on Monday"
Eigenes Foto: Porsche 911 Carrera RS 2.7

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Was den Porsche Carrera RS 2.7 so besonders macht, ist seine Kombination aus konsequentem Leichtbau, aerodynamischer Raffinesse und beeindruckender Leistungsfähigkeit. Er ist als Renn- und Rallyefahrzeug wie auch als Daily Driver geeignet.

Der legendäre Entenbürzel, ein feststehender Heckspoiler, war keineswegs ein markantes Designmerkmal. Im Gegenteil, zu Beginn war der Bürzel beim Porsche-Marketing angeblich sehr unbeliebt, aber er trug entscheidend zur Stabilität des Fahrzeugs bei hohen Geschwindigkeiten bei, form follows function. Der Bürzel verringert den Auftrieb an der Hinterachse um rund 50%, was den RS auch in rasanten Kurvenfahrten erheblich fahrstabiler macht. Der 2.7 RS war der erste Sportwagen weltweit mit Heckspoiler.

Auch erstmalig war die unterschiedliche Reifenbreite auf der Vorder- und Hinterachse zur Verbesserung der Traktion und des Handlings, erforderte allerdings das Ausstellen der Kotflügel.

Mit einem um ca. 150 kg gegenüber einem normalen F-Modell reduzierten Gewicht und einem leistungsstarken 2,7-Liter-Sechszylinder-Boxermotor, der 210 PS leistete, erreichte der Carrera RS 2.7 in nur 5,8 Sekunden die 100-km/h-Marke – ein sensationeller Wert für seine Zeit. Seine Höchstgeschwindigkeit betrug 245 km/h. Es war allerdings nicht seine Maximalgeschwindigkeit, sondern die Spurtstärke und die Kurventauglichkeit, die den 2.7 RS schier unbesiegbar machen sollte, - und diese Eigenschaften hatte der Rennsportwagen seinem Leichtbau zu verdanken.

Beim Porsche 911 Carrera RS 2.7 wurde der Leichtbau durch eine Vielzahl gezielter Maßnahmen umgesetzt, um das Fahrzeuggewicht auf nur 960 Kilogramm zu reduzieren. Wer schon einmal ein so leichtes und doch leistungsstarkes Auto gefahren ist, wird die Agilität bei schnellen Kurvenfahrten mit zunehmender Masse vermissen. Die Physik lässt sich einfach nicht überlisten. Hier sind die wesentlichen Leichtbaumaßnahmen des RS 2.7 in der Kurzfassung:

  • Karosserie: Die Karosserie der ersten 500 Fahrzeuge des RS 2.7 bestand aus dünnerem Stahlblech (0,8 statt 0,88 mm) und reduzierter Unterbodenschutz sowie fehlenden Dämmmaterialien. Die dünneren Bleche wurden allerdings nur bei Dach, Türen und Kofferraumdeckel verwendet, resultierende Gewichtsersparnis lag bei 9,5 kg. Bei der Rennversion RS 2.7 Lightweight wurden sogar Dünnglasscheiben eingesetzt. Die Windschutzscheibe und die seitlichen Fondscheiben bestanden in diesem Fall aus 3,1 bis 3,5 mm starken Dünnglas des belgischen Herstellers Glaverbel. Die 4 bis 4,5 mm starken Türscheiben und das Heckfenster lieferte der deutsche Hersteller Sekurit. Die normalen Serienfenster des F-Modells waren 4,9 bis 5,0 mm dick. Ein letztes Beispiel für die konsequente und aufwendige Gewichtsreduktion stellt der Vergleich der kleinen seitlichen Ausstellfenster links und rechts dar: Serienteile: 1.320 g von Sekurit, für Touring-RS-Modelle: 1.200 g und nur 800 g für die Homologationsmodelle des Herstellers Glaverbel. Das nenne ich hohe Ingenieurkunst, schon fast nerdig im positiven Sinne.
  • Ausstattung: Die Innenausstattung wurde auf das Wesentliche reduziert. Die Rücksitze wurden entfernt, und anstelle schwerer Schalensitze wurden leichte Sportsitze verbaut. Auch auf Komfortelemente wie Dämmmaterial und Teppiche wurde größtenteils verzichtet. Der legendäre Tür-Zuziehgriff stammte vom Fiat 600, ergänzt um einen schnöden Lederriemen, weniger ist bei diesen Sportgeräten mehr.
  • Leichtbau-Komponenten: Viele Teile, wie die Felgen, wurden aus Magnesium gefertigt. Auch die Batterie war kleiner und leichter als bei anderen 911-Modellen. Erstmalig hielten gelochte Scheibenbremsen Einzug in den Serieneinsatz. Zur weiteren Gewichtseinsparung trugen auch leichte Stoßfänger vorne und hinten aus Glasfaser und ein leichterer aber größeren Kunststofftank bei.
  • Aerodynamische Maßnahmen: Der charakteristische Entenbürzel-Heckspoiler war nicht nur aerodynamisch vorteilhaft, weil er den Auftrieb an der Hinterachse um rund 100 kg minderte, sondern er bestand auch aus leichtem Kunststoff, was ebenfalls das Gewicht reduzierte. Zusätzlich sorgte der Bürzel für Motorkühlung. Ebenfalls neu war die GFK-Frontschürze. Beide aerodynamischen Maßnahmen zusammen, Bürzel und Schürze, ergaben eine Steigerung der Höchstgeschwindigkeit um 4,5 km/h.

Diese und weitere Details machten den Porsche 911 Carrera RS 2.7 nicht nur zu einem Leichtgewicht, sondern auch zu einem extrem agilen und leistungsfähigen Sportwagen, der sich besonders für den Einsatz auf der Rennstrecke in der GT-Klasse eignete. Aber auch im Rallye-Sport verdiente sich der RS später seine Meriten.

Porsche verfolgte mit dem Carrera RS 2.7 von Beginn an ein klares Ziel: Die Homologation für die Gruppe 4 der FIA, was bedeutete, dass mindestens 500 Einheiten gebaut werden mussten. Die Resonanz am Markt war überwältigend, und innerhalb weniger Wochen war das Modell komplett ausverkauft. Am Ende verließen über 1.580 Exemplare die Werkshallen. ein klarer Beweis für die Begehrlichkeit dieses Ausnahmefahrzeugs. Diese Stückzahl umfasste sowohl die Touring-Version als auch die leichtere Sport-Version, von denen nur 200 Stück gebaut wurden.

Heute gilt der Porsche 911 Carrera RS 2.7 als eines der wertvollsten und gesuchtesten Modelle in der Geschichte des 911. Er vereint das Beste aus zwei Welten: puristisches Fahrvergnügen auf der Straße und konkurrenzlose Performance auf der Rennstrecke. Dieses Meisterwerk ist der Inbegriff der vielfach zitierten Porsche-DNA und fasziniert Automobil-Enthusiasten weltweit bis heute. Ein gut erhaltenes Exemplar des Porsche 911 Carrera RS 2.7 liegt heute in einem Preisbereich von 650.000 bis 1.350.000 EUR. Der Maximalwert ist der Preis für eine sehr gut erhaltene Sport-Version, abhängig von Zustand, Historie und Originalität des Fahrzeugs. Bei Auktionen erzielen besonders gut restaurierte oder unberührte Modelle in Concours-Zustand Preise von bis zu 1.500.000 USD. Die Lightweight-Version ist aufgrund ihrer Seltenheit besonders begehrt, aber nahezu nicht mehr zu bekommen. Wer ein solches Fahrzeug hat, behält es auch.

Ich hatte das Vergnügen das Exemplar auf dem Foto Ende vergangenen Jahres bei Ande Votteler in Balingen sehr genau in Augenschein nehmen zu dürfen. Das Modell 2.7 RS ist an sich bereits ein Traum und Ande hatte zudem ein wahres Ausnahmeexemplar. Dieser Porsche 911 Carrera 2,7 RS zeigte sich in Serienfarbe Aubergine (Lackhersteller Lesonal), nur 16 Kunden entschieden sich seinerzeit für diese Farbe, am häufigsten wurden hellgelbe Fahrzeuge bestellt. Alle Nummern des auberginefarbenen RS und seine gesamte Ausstattung entsprechen dem seinerzeitigen Auslieferungszustand. Das deutsche Ersthandfahrzeug verfügt über eine lückenlose Historie seit 1973, Ande Votteler hat mit dem Fahrzeug sogar den Erstbesitzer besucht, eine tolle Geschichte, die noch gesondert veröffentlicht und zu lesen sein wird.

Der Porsche 911 Carrera RS 2.7 wird aufgrund seiner hohen Nachfrage, seiner geringen Stückzahl und seines Werts leider häufig gefälscht oder ohne kriminelle Absicht nachgebildet. Fälschungen oder Recreations entstehen oft, indem normale 911er des F-Modells der frühen 1970er-Jahre nachträglich zu einem RS 2.7 umgebaut werden. Dabei werden typische Merkmale wie der Entenbürzel-Heckspoiler, die Verbreiterungen der Kotflügel und das minimalistische Interieur kopiert. Besonders problematisch ist es, wenn auch die Fahrgestellnummern (VIN) und die spezifischen RS-Bauteile manipuliert werden, um die Originalität vorzutäuschen. Die Fälschbarkeit ist bei diesem Fahrzeug leider etwas einfacher als beispielsweise beim Mercedes-Benz 300 SL (W198), der schon alleine aufgrund seines Gitterrohrrahmens sehr aufwendig nachzubilden ist. Dennoch geschieht es nicht gerade selten, da es bei diesen Marktpreisen lohnenswert ist. Beim Porsche 911 Carrera RS 2.7 bietet beispielsweise der 911 S aus der gleichen Epoche eine geeignete Basis für die optische Annäherung. Aber auch Backdates der späteren 911-Modelle, wie dem G-Modell, dem 964 oder dem 993 erfreuen sich zunehmender Beliebtheit. Dieser Trend zu Umbauten mit optischer Anlehnung an ein gegehrtes älteres Modell auf technischer und fortschrittlicherer Basis eines jüngeren Modells stammt ursprünglich aus den USA.

Deshalb ist es bei Kaufinteresse essenziell, ein vollständiges historisches Dossier mit dokumentierter Historie, eine Überprüfung der Fahrgestell-, Motor und Getriebenummer sowie der verbauten Komponenten durch einen Experten vornehmen zu lassen und die Einsicht in Porsche-Zertifikate (Porsche Certificate of Authenticity) zu nehmen, um Fälschungen weitgehend ausschließen zu können. Originalfahrzeuge haben eine spezifische Seriennummernfolge und weisen charakteristische Merkmale auf, die schwer zu reproduzieren sind. Außerdem gab es bei diesem Fahrzeug so viele Modelländerungen und Anpassungen, dass ein Spezifikationsabgleich durch einen Experten bereits lohnenswert ist. Man muss sie eben nur kennen, diese Details. Wer also Kaufinteresse verspürt, sollte sich unbedingt einen Auskenner mitnehmen.

Zum Schluss zitiere ich noch ein paar Werbeslogan aus der Zeit:

  • „Mit dem Reisewagen auf die Rennstrecke – im Porsche Carrera RS“
  • „Mit dem Rennsportwagen in die Stadt – im Porsche Carrera RS“
  • „Deutschlands schnellste Rarität: Auflage 500“
  • „Sie müssen schon schnell sein, um Deutschlands schnellstes Auto zu fahren“
  • „Der Porsche Carrera RS: Nur 500 Männer werden ihn fahren“

Zugegeben, der letzte Slogan käme heute weniger gut an, ist aber zeitgenössisch!

 

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