KI und Vertrieb - was kommt da auf uns zu?

KI und Vertrieb - was kommt da auf uns zu?

2023 war für KI ein Megahypejahr. So wie seinerzeit ISDN, Internet-Flatrates und html-Seiten als grafische Endnutzer-Oberfläche den Weg für das Internet gebahnt haben, waren es die rasant steigenden Rechenleistungen und GPT-Modelle, die der künstlichen Intelligenz den Weg zur Massenanwendung geebnet haben. "ChatGPT" war zugleich Spiritus und Streichholz.

Nach dem Hype, dem Spielen, Testen und Ausprobieren, sind nun "echte Anwendungsmöglichkeiten" gefragt. Aber was bedeutet das - gerade auch für den Vertrieb?


KI ist Statistik

Erst einmal ist die Einordnung von künstlicher Intelligenz wichtig. Sie ist weder weltzerstörender Terminator noch wunscherfüllende Zauberkugel, aber eben auch deutlich mehr als nur ein "plappernder Papagei". Im Kern steckt die Anwendung von statistischen Verfahren mit zunehmender Perfektion und Geschwindigkeit. Dabei passiert vor allem eines: Es werden Vorhersagen getroffen. Das Ergebnis sind all die unterschiedlichen Ergebnisse in Form von Texten, Bildern, Videos und Musik, die wir im vergangenen Jahr gesehen haben. Alles basiert darauf, dass KI durch statistische Verfahren Vorhersagen trifft. Und damit die Grundlage schafft, die wir tagtäglich auch im Vertrieb benötigen. Denn auch wir erstellen (mehr oder weniger bewusst) fortlaufend Prognosen und treffen darauf basierend Entscheidungen. Das beginnt schon damit, dass wir uns überlegen, welchen Kunden oder Vertriebspartner wir als nächstes zu welchem Thema kontaktieren.


Was KI nicht kann, aber wichtig für den Vertrieb ist

Bei aller statistischen Brillanz und Fertigkeit gibt es dennoch Fähigkeiten, die künstliche Intelligenz nicht kann und auch sehr lange, mutmaßlich auch nie beherrschen wird. Die aber gerade im Vertrieb von Mensch zu Mensch besonders wichtig sind:

  • gesunder Menschenverstand - aus wenigen Informationen Schlüsse zu ziehen und auf neue, unbekannte Situationen reagieren und anwenden, gelingt dem Menschen deutlich besser.
  • Empathie - Einfühlungsvermögen und das schnelle Erkennen von Stimmungsänderungen ist nicht "jedermenschs" Sache, KI tut sich aber auch damit weiter und grundsätzlich viel schwerer. Besonders dann, wenn es darum geht, Vertrauen zu schaffen, gelingt dies nur begrenzt.
  • Kreativität - auch wenn heftig darüber gestritten wird, was Kreativität wirklich ist und ob vom Menschen geschaffene Kunstwerke wirklich immer etwas Neues sind, so ist zumindest klar, dass KI stets nur auf das zurückgreifen kann, was sie schon kennt.
  • Geschicklichkeit - auch weiterhin sind Serviceroboter in der realen Welt eher verlorene und unbeholfene Wesen und scheitern an für uns supereinfachen Bewegungsabläufen. Dass es bald künstlich-intelligente Roboter-Verkaufsberater gibt, die lächelnd und mit einem Augenzwinkern galant Vertrag und Stift zur Unterschrift reichen, erscheint wenig wahrscheinlich.

Es gibt somit - dabei sind sich auch die führenden KI-Forscher großteils einig - weiter viele Bereiche, in denen der Mensch klar im Vorteil ist. Und es wird weiter vertriebliche Umfelder geben, in denen genau diese Fähigkeiten gefragt sind.


Wie uns KI im Vertrieb (wirklich) nützlich sein kann

Auch wenn es die Arbeit erleichtert, dass ChatGPT Social-Media-Posts schreibt oder einen Text zusammenfasst - am Ende werden dies nicht die Anwendungen sein, die im Vertrieb die revolutionären Veränderungen mit sich bringen (zumal dies auch schon seit Jahren funktionierende Technologie ist, die nur lange Zeit mangels Hype nicht wahrgenommen wurde).

Ich sehe für dieses - und auch die kommenden Jahre - drei große technische Entwicklungsbereiche. Bereiche, die in ihrer Wirkung tiefer reichen, da sie das Potential besitzen, bisher verborgene Informationen zu gewinnen. Aber auch die Vertriebsarbeit unterstützen und ergänzen (Stichwort "Augmentation").

  1. vernetzte Assistenzsysteme: Das, was als "Co-Pilot" einen Namen gefunden hat, wird dann besonders wertvoll, wenn es nicht nur eine verbesserte Rechtschreibkorrektur oder Begleitung für die Erstellung von xls-Tabellen oder Powerpoint-Folien ist. Sondern wenn auch vertriebsrelevante Datenquellen wie CRM-Systeme oder Wissensdatenbanken einbezogen werden können. Erst die zunehmende Fachlichkeit von KI ermöglicht es, dass unternehmensspezifische Abläufe und Anforderungen korrekt abgebildet werden können. 
  2. Prozessautomatisierung: Softwareroboter bzw. Robotic Process Automation (RPA) werden ebenfalls schon längere Zeit genutzt, um dauerhaft wiederkehrende und vor allem in großem Umfang anfallende Aufgaben zu automatisieren. Ergänzt um Machine-Learning-Fähigkeiten, lassen sich nun auch Aufgaben bewältigen, die aufgrund ihrer großen Datenmengen bisher nur von Menschen ausgeführt werden konnten. Zudem hebt die Leistungsfähigkeit der generativen KI in Form der inzwischen verfügbaren Sprachmodelle (LLMs) die Anwendungsbereiche auf eine neue Stufe. Mit dem rasant zunehmenden Verständnis für Inhalte, lassen sich immer mehr Abläufe sinnvoll automatisieren und vor allem die Fehleranfälligkeit bei Veränderungen abfedern und reduzieren. 
  3. Datenanalyse: Eigentlich auch kein neues Thema, aber in der Mustererkennung in Vertriebsdaten (Pattern Recognition) und deren Nutzung für Vorhersagen und zur Entscheidungsunterstützung steckt ein großer Hebel. Das was E-Commerce-und Internet-Größen wie Amazon und Netflix bereits seit Jahren täglich nutzen, hat ein großes Potenzial für viele andere Vertriebsumfelder.

Der besondere Wert von Bestandskunden

Auch bei KI erweist sich ein gut gepflegter Kundenbestand - und noch mehr der gut gepflegte Kundendatenbestand - als wettbewerbsentscheidender Faktor. KI lebt von Daten, sie braucht sie, um Schlüsse zu ziehen und Prognosen zu treffen. Mit Daten aus den eigenen, in der Vergangenheit aufgebauten, Kundenbeziehungen verfügen Sie über einen Datenschatz, der sowohl für

  • Assistenzsysteme (Verknüpfung mit CRM ist auf Basis des realen Datenbestands möglich)
  • Prozessautomatisierung (Abläufe in Vertrieb und Service sind bereits eingespielt) und 
  • Mustererkennung (es gibt echte Transaktions- und Kundendaten) 

genutzt werden kann.


Die wichtigsten KI-Funktionen: Vorhersagen und Entscheidungsunterstützung

2024 wird die künstliche Intelligenz keine Revolution im Vertrieb auslösen. Da in vielen Bereichen die Mensch-zu-Mensch-Interaktion im Mittelpunkt steht, wird KI keine kurzfristige Umwälzung im Vertrieb mit sich bringen.

2024 sollte trotzdem ein Jahr sein, in dem die Möglichkeiten von KI für den Vertrieb ausgelotet werden sollten: Als Arbeitsvereinfachung durch Assistenzsysteme und Automatisierung vor allem für die Entscheidungsunterstützung. Denn selbst große Datenmengen lassen sich inzwischen schnell und einfach analysieren und die Ergebnisse nutzen. KI bietet das Potenzial, Zusammenhänge zu erkennen und Erkenntnisse zu gewinnen, die uns bislang allein auf der schieren Größe der Datenmengen verborgen geblieben ist. Und Daten so zusammenzufassen und zur Verfügung zu stellen, dass sie einfach genutzt werden können.

Eine große Chance, denn jeden Tag wieder müssen wir aufs Neue entscheiden, wen wir mit welcher Botschaft kontaktieren. Je informierter wir diese Entscheidung treffen, um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass wir erfolgreich sind.

Uwe Lätsch

Co-Founder & CEO @Vinlivt 🚀 Exzellente Software für Finanzvertriebe | Fintech+Insurtech Unternehmer | Product & UX Expert

11 Monate

Sehr guter Beitrag Tobi! Mit den Inhalten bin ich 1:1 einverstanden.☝️👌💪

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