Kommen Sie mal mit! So gelingt der Texteinstieg

Kommen Sie mal mit! So gelingt der Texteinstieg

Sie legt ihre Hände auf die Tastatur. Die Zeigefinger suchen nach den kleinen Orientierungspunkten auf dem „F“ und dem „J“. Das hat sie beim Kurs „Schreiben mit zehn Fingern“ gelernt. Und dann gleiten ihre Finger flink über die Tastatur.

So könnte ein möglicher Texteinstieg aussehen, um „den Leser mitzunehmen“, wie es in Lehrbüchern zu journalistischen Texten immer so schön heißt. Der Leser darf hier ganz nah dabei sein, so als würde er der Hauptperson im Text bei ihrer Arbeit über die Schulter schauen. So ein szenischer Einstieg erlaubt dem Leser Zugang zu Orten, an die er sonst nie kommen würde. Aber auch eine vertraute Szene kann Nähe schaffen, ganz nach dem Motto „Oh, das kommt mir bekannt vor.“ Zudem erzielt ein szenischer Einstieg Authentizität – der Autor war offenbar vor Ort und hat die Szene mit eigenen Augen gesehen. Eine Variante dieses Einstiegs ist das Tableau. Wie dieses französische Wort für „Gemälde“ schon sagt, geht es hier um einen bildlichen, malerischen Eindruck: „Vögel zwitschern, die Sonne scheint, der Wind schläft noch. Das Haus liegt in einer Senke, dahinter erheben sich mächtige Kiefern in den Himmel…“

Warum braucht ein Text überhaupt einen Einstieg? Auch das hätte der erste Satz dieses Textes sein können. Denn die Frage ist ebenfalls eine Möglichkeit, in einen Text einzusteigen. Natürlich muss der Text dann auch die Antwort liefern, etwa so: „Der Einstieg ist wie eine Rutsche in den Text“, erklärt Verständlichkeitsforscher Christoph Fasel. Auch ein Zitat ist ein gut geeigneter erster Satz für einen Textbeitrag. Doch Vorsicht: Die wörtliche Rede sollte kurz sein und einen zentralen Gedanken des Artikels bündeln, denn der Leser fängt ja gerade erst an, zu lesen. Sinnsprüche oder Lebensweisheiten, auch Sentenzen genannt, werden ebenfalls gern verwendet. Zitate aus dem Allgemeinwissen, sozusagen: Erstens kommt es anders, und zweitens, als man denkt.

Sie können den Leser auch einfach direkt ansprechen. Bei dieser Form des Einstiegs scheiden sich allerdings die Geister. Im Marketing wird der mögliche Kunde persönlich angesprochen, um eine stärkere emotionale Bindung herzustellen. So soll die Wahrscheinlichkeit erhöht werden, dass der Kunde das Produkt kauft. Jetzt könnten Sie sagen: Der Journalist möchte doch seinen Text verkaufen. Stimmt. Aber seine Währung sollten überprüfbare Fakten sein. Deshalb ist die direkte Ansprache ein Mittel, das Sie dosiert einsetzen sollten. Das gilt auch für Überschriften – ist aber nicht das Thema dieses Beitrags.

13.955 Wörter umfasst der längste Satz der Welt. Er steht im Buch „The Rotters Club“ vom englischen Autor Jonathan Coe. Für einen Einstieg in einen journalistischen Text ist das wohl zu viel. Aber ein Superlativ eignet sich gut, um anschaulich in einen Artikel zu starten: „Fritz ist 350 Meter lang, 80 Meter hoch, 95 Meter breit. Er wiegt 14.000 Tonnen und frisst jeden Tag so viel Steine, dass man damit drei Mal das Berliner Olympiastadion füllen könnte. Fritz ist der größte Schaufelradbagger der Welt.“

Zusammenfassend hier noch einmal Stichworte für mögliche Texteinstiege, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

·      Szenischer Einstieg

·      Tableau

·      Frage

·      Zitat

·      Sentenz

·      Direkte Ansprache

·      Superlativ

Haben Sie jetzt eine eigene Idee für einen gelungenen Texteinstieg? Dann probieren Sie sie direkt aus. Beachten Sie beim Schreiben aber immer, dass der Einstieg auch Zeichen kostet.

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