"Oh man, ich kann gar nicht hingucken ...
Psychologische Beratung Simone Heydel

"Oh man, ich kann gar nicht hingucken ...

... ich mach das schnell für dich." Oder: "Gib her. Ich mach das." "Verletz dich nicht."

Solche Sprüche höre ich schon mein Leben lang. Anfangs dachte ich noch, dass ich wohl für so ziemlich alles zu blöd sein muss:

  • Brot schneiden
  • Bratkartoffeln wenden
  • Abwaschen
  • sägen
  • bügeln
  • eine Wand streichen
  • etwas mit der Schere schneiden
  • usw.

Wenn ich diese Dinge allerdings ohne Zuschauer gemacht habe, sind sie mir sehr leicht gefallen. Hm. Komisch.

Irgendwann habe ich angefangen, jegliche Hilfe von anderen abzulehnen und bin dabei sogar ziemlich wütend geworden.

"Ich kann das selbst. Lass mich in Ruhe."

Und mir ist tatsächlich vor kurzem erst aufgefallen, woran das liegt, dass mir immer alles abgenommen werden soll:

Ich bin Linkshänderin und wenn ich etwas mit links mache, sieht das für die anderen wohl manchmal so aus, als würde ich gleich den Notarzt brauchen.

Linkshänder hatten es schon immer etwas schwerer. Keiner mochte uns. Meine Oma wollte mir sogar meinen linken Arm auf den Rücken binden, damit ich ihn nicht benutzen kann. "Die böse Hand". Was für ein Käse.

In der Schule wurde ich zum Schreiben mit rechts gezwungen. Malen durfte ich aber weiter mit links.

Wenn ich eine normale Schere benutze, tut mir meine Hand weh.

Ich streiche das Zimmer in die entgegengesetzte Richtung, in die es mein Freund tut.

Im Restaurant brauche ich links neben mir Platz am Tisch, deswegen setze ich mich immer an den äußersten linken Rand.

Ist doch nicht schlimm. Und heute gibt es sogar alles Mögliche auch für Linkshänder zu kaufen.

Was ich definitiv sagen kann:

  • Wie ich manche Dinge mache, entspricht vermutlich einfach nur nicht den Sehgewohnheiten der anderen.
  • Ich werde mich nicht verletzen, wenn ich Brot mit dem Messer abschneide.
  • Lasst mich doch einfach mal machen. :-)

Was ich damit sagen will? Manchmal ist es einfach gut, auch mal die Perspektive zu wechseln. Ist die Person wirklich unfähig oder macht sie etwas einfach nur auf eine andere Art als du?

Und das trifft nicht nur auf Linkshändigkeit zu.

Ein kleiner Perspektivwechsel kann manchmal Wunder wirken und Verständnis erzeugen. Und mir hat er geholfen, zu verstehen, dass ich nicht zu blöd bin, sondern dass ich einfach nur alles andersrum mache und das für andere wohl manchmal gefährlich aussieht. ;-)

Was machst du anders als andere?

#kopfausmisten #newsletter #perspektivwechsel

Anja Lamprecht-Löwe

Federführend (deine) Geschichte schreiben 🪶 Biografische Schreibbegleitung & Audiografin und Hörbuchsprecherin 🎙️

4 Monate

So spannend, liebe Simone. An das „Umerziehen“ von Linkshändern habe ich ebenfalls noch lebhafte Erinnerungen. Ich war der naiven Auffassung, das wird heute nicht mehr praktiziert und durfte mich kürzlich eines Besseren belehren lassen. Bei einer Freundin meiner 12-jährigen Tochter wurde die „Hand auf den Rücken Methode“ im Kindergarten angewendet. Die Folge ist, dass sie heute beidhändig agiert und leider im mathematischen Bereich massive Probleme hat. Demzufolge, Danke für die Thematisierung und diesen Perspektivwechsel 🖤

Klarissa Qualmann

Schneidermeisterin und Fair Fashion-Aktivistin

4 Monate

Ich nähe einfache Dinge, obwohl ich als Schneidermeisterin die Schnitttechnik erlernt habe… Ich mag einfache Schnitte, und ich möchte andere inspirieren, einfache Kleidung selbst herzustellen. Im Sinne von Nachhaltigkeit, Kreativität und Freude am tun. Aus Dingen, die schon da sind. Bettwäsche, Tischdecken und Co. Das führt schon mal zu Unverständnis und kommt nicht immer gut an. Und soll ich Dir was sagen, liebe Simone Heydel: Das ist mir wumpe 😁

Elina Stoll

Mentale Stärke im Alltag, Balance im Job ⚖️ | Psychologin M.Sc. ψ | Persönliche Beratung für mentale Gesundheit 🌱 | Workshops & Impulsvorträge

4 Monate

Hilfe kann gerne angeboten werden, aber sie darf nicht aufgedrängt werden. Meine jüngste Enkelin (knapp 3 Jahre) macht das immer wieder lautstark klar. Ungefragte Hilfe wird rigoros abgelehnt "alleine!". Ich habe gelernt zu fragen, ob ich ihr helfen darf. Wenn sie nein sagt, muss ich das auch aushalten (außer natürlich es besteht Verletzungsgefahr). Umso größer das Erfolgserlebnis, wenn sie es hinbekommt. Und wenn es gar nicht klappt, bittet sie von ganz alleine um Unterstützung.

Günther Bially

Autor & Prokurist - Die Stimme zum Mitschreiben!

4 Monate

Das ist wirklich die Frage. Was soll das alles, Simone Heydel

Ach Menno! Warum koennen wir die Menschen nicht einfach mal machen lassen .Ist doch ziemlich wurscht wie. Es kommt auf das Ergebnis an. Voellig unwichtig, wie es dazu kam. Bei mir gab es ehrlich gesagt so viel, wo ich solche Saetze gehoert habe. Kann mich gar nicht mehr an alle erinnern. Hab mir immer ein Ei drauf gebacken und mein Ding durchgezogen. Und das lebe ich Paul auch vor. Klappt prima!

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