Steueroptimierte Vermögensübertragung in Krisenzeiten

Chancen für Familienunternehmer


Die momentane Krisensituation betrifft uns alle, branchen- und industrieübergreifend. Ein paar wenige Unternehmen in Deutschland werden von der Krise profitieren, für die meisten anderen ist Corona nun einmal einfach nur das, was es ist: eine Krise. Oft haben wir in der Vergangenheit gehört, dass Krisen auch Chancen bedeuten. Diese Sichtweise fällt vielen von uns angesichts der vor uns liegenden Aufgaben und Unsicherheiten sehr schwer. Es gibt jedoch diese Chancen und wir sollten sie nicht ungenutzt lassen. Eine einfache aber dennoch sehr richtungsweisende Chance ist die Unternehmensnachfolge in Angriff zu nehmen.

Der wahrscheinliche Wertverlust vieler Familienunternehmen in Verbindung mit Kurzarbeit im „Krisenjahr 2020“ ermöglicht es große Firmenvermögen steueroptimiert, von einer Generation auf die nächste, zu übertragen. Prinzipiell bieten sich dabei zwei unterschiedliche Vorgehensweisen an:

1. Schenkungssteuerliche Freibeträge

Jeder Elternteil hat die Möglichkeit an jedes seiner Kinder alle 10 Jahre die sogenannten schenkungssteuerlichen Freibeträge von 400.000€ zu übertragen. Gerade kleinere und mittlere Unternehmen können so im Moment stichtagsbezogen steueroptimiert oder sogar steuerneutral übertragen werden. Denn wann, wenn nicht jetzt erfahren gut geführte Familienunternehmen innerhalb kurzer Zeit einen solch massiven Wertverlust? Zu beachten gilt hier, den Stichtag der Übertragung als Wertmessung anzusetzen.

2. Regel- bzw. Optionsverschonung

Um Anreize zur langfristigen Sicherung der Arbeitsplätze zu schaffen, hat der Staat den Mechanismus der Regel- bzw. Optionsverschonung eingeführt. Stark vereinfacht dargestellt bedeutet dies, dass für Nachfolger die Möglichkeit besteht das zu übertragende Familienunternehmen weitestgehend steuerneutral zu übernehmen, falls das Unternehmen fortgeführt wird und die Lohnsumme für fünf bzw. sieben Jahre stabil aufrechterhalten bleiben können. „Sollte die Lohnsumme nicht im vollen gesetzlich vorgesehenen Umfang erhalten bleiben, wird die Erbschaftssteuer grundsätzlich (nur) anteilig fällig.“, so Michael Krumwiede, Steuerberater bei der Kanzlei THEOPARK in Nürnberg.

Auch ein Verkauf innerhalb dieses Zeitraums ist nicht gänzlich ausgeschlossen, jedoch mit der anteiligen Zahlung der Erbschaftssteuersumme verbunden.

Insbesondere angesichts momentaner notwendiger Maßnahmen wie Mitarbeiterreduktion bietet sich die Regel- bzw. Optionsverschonung als vorteilhafte Vorgehensweise an, da dies die gesetzlich relevante Ausgangslohnsumme reduziert.

Natürlich steckt der Teufel auch hier im Detail und es gibt, je nach Wert und Struktur des Unternehmens viele Themen zu klären. Fakt ist aber, dass zwei wesentliche Einflussfaktoren auf eine Steuer-Zahlung bei einer Unternehmensübertragung – der Unternehmenswert und die Lohnsumme – sich in 2020 wahrscheinlich schlechter entwickeln, als in den Vorjahren, weswegen 2020 ein guter Zeitpunkt für eine Anteilsübertragung sein kann.

Nachfolgepotenziale in Krisenzeiten

Keiner gibt gerne das Zepter ab, ganz besonders nicht in einer von so großer wirtschaftlicher Unsicherheit geprägten Phase wie sich das Jahr 2020 bisher gezeigt hat. So ist es verständlich, dass viele Unternehmer sich schwertun, sich emotional an das doch so bedeutende Thema Nachfolge heran zu trauen. Auch für Nachfolger will reichlich überlegt sein, ob sie sich der Herausforderung und Verantwortung des Familienunternehmens stellen möchten.

Grundsätzlich sollte nicht primär aus steuerlichen Gründen übertragen werden und auch jetzt ist nicht für jede Familie der richtige Zeitpunkt. Unternehmer mit minderjährigen Kindern oder Kindern, die sich noch in der Ausbildung befinden bzw. deren zukünftiger beruflicher Werdegang noch ungewiss ist, sollten keine Anteile übertragen, nur um am Fiskus vorbei zu kommen. Dies hilft weder den Nachfolgern, noch dem Unternehmen.

Steht der Nachfolger jedoch bereits fest und es stellt sich nur noch die Frage nach dem operativen Einstieg, so kann es durchaus sinnvoll sein, die Gunst der Stunde zu nutzen, um die steuerlichen Vorteile einer Übertragung jetzt zu genießen. Eine solche Entscheidung gilt es aber sauber vorzubereiten und nicht zu übereilen, durchaus besteht auch die Möglichkeit in bestimmten Fällen rückwirkend zu einem bestimmten Stichtag notariell zu übertragen – d.h. die Übertragung muss nicht bis zum 31.12.2020 erfolgen, jedoch zeitnah in 2021.

Damit die Nachfolge, neben steuerlichen Vorteilen, auch den eigentlichen Zweck erfüllt – das Familienunternehmen in die nächste Generation zu bringen – sollte es eine „echte“ Übertragung sein. D.h. Klauseln über Stimmrechtsbindung und das Vorbehalten eines Quotennießbrauchrechts sollten zeitlich unbedingt eng befristet werden, falls sie denn überhaupt notwendig sein sollten. Eher sollte ein klares Übergabe-Konzept an die Nachfolger und ein Governance-Konzept aus Sicht der Übergeber vereinbart werden.

Andererseits sollten Nachfolger die Zeit (fünf bzw. sieben Jahre) strategisch nutzen, um für sich und ihre Familien einen detaillierten Nachfolgeplan auszuarbeiten, wie auch die operative Verantwortung bestmöglich von der alten auf die junge Generation übergeben werden kann. Wenn all diese Punkte beachtet werden, kann es möglich sein auch in diesem wahrhaft herausforderndem und außergewöhnlichem Jahr 2020 die sich bietenden Chancen zu nutzen.

Fazit

Wirtschaftlich hat das Jahr 2020 für die meisten von uns mit Einbußen begonnen. Vorrangig sehen wir eher Schadensminimierung als Gewinnmaximierung an der Tagesordnung. Sollten sich jedoch sowohl der Senior als auch der Nachfolger einig werden, dass das eigene Geschäftsmodell Zukunft hat und die Corona-Krise ein zwar unangenehmer aber einmaliger Effekt ist, lohnt die Prüfung der vorweggenommenen Erbfolge. So tragisch wie die Krise für viele Kollegen, Unternehmen und Unternehmer auch sein mag, heißt es nun konsequent strategische Möglichkeiten zu prüfen, zu verfolgen und umzusetzen.

Die Zeit der kommenden Monate sollte innerhalb von Unternehmerfamilien gezielt genutzt werden, um sich intensiv mit dem Thema Nach-folge auseinander zu setzen, unausgesprochene Fragen zu stellen und zu klären, sowie sich einen Plan zurecht zu legen wie sowohl das Vermögen, als auch die operative Verantwortung erfolgreich von der älteren auf die jüngere Generation übertragen werden kann.

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