seit der Dieselskandal Martin Winterkorn (76) im Herbst 2015 bei Volkswagen aus dem Amt fegte, ist der Ex-Boss weitgehend von der Bildfläche verschwunden. Besuche bei den Fußballern des FC Bayern München hier, Abstecher zum Basketball da – größere Auftritte sparte sich „Wiko“.
Am Mittwoch stand er wieder im Mittelpunkt. Winterkorn war als Zeuge vor das Oberlandesgericht Braunschweig geladen, Investoren fordern Schadensersatz von Volkswagen. Wie zu erwarten, wies er jegliche Schuld von sich: „Ich habe diese Funktion weder gefordert noch gefördert oder ihren Einsatz geduldet.“
Vom OLG Braunschweig hat Winterkorn nichts zu befürchten. Brenzliger könnte es für ihn im Herbst werden, wenn er sich möglicherweise als Angeklagter vor dem Landgericht Braunschweig verteidigen muss.
Unsere Themen der Woche:
Warum chinesische Autohersteller den Start in Europa verpatzen
Wie um die Nachfolge von Daimler-Truck-Chef Martin Daum gerungen wird
Wieso die Bahn-Sanierung ein gewaltiger Flop werden könnte
Topthema: Warum chinesische Autohersteller den Start in Europa verpatzen
Nachdem sie mit ihren Elektroautos in der Heimat manchen Konkurrenten düpiert haben, drängen zahlreiche chinesische Autohersteller nach Europa. BYD, Great Wall Motor und Geely attackieren mit sehr wettbewerbsfähigen Fahrzeugen. Mancher Experte warnt bereits vor einem „Auto-Tsunami“ aus Fernost. Nur: Der erste Schub ist maximal eine sanfte Welle. Die Chinesen verfehlen ihre Ziele bislang deutlich. Vertrieb und Service passen noch nicht. Kundinnen und Kunden haben Vorbehalte. Und vor allem: Es kracht zwischen chinesischen und europäischen Beschäftigten. Besonders schwer tut sich eine Marke, die manche für besonders gefährlich halten: Nio.
Köpfe: Martin Daum ++ Renata Alt ++ Elon Musk ++ Soichiro Okudaira
Martin Daum (64) hat Daimler Truck an die Börse geführt, er hat 2023 als das erfolgreichste Jahr in der Unternehmensgeschichte abgeschlossen. Aber jetzt, das hat er durchblicken lassen, könnte bald Schluss sein. Um die Nachfolge wird bereits gerangelt. Die Favoriten: die ehrgeizige Schwedin Karin Radström (44) und der umtriebige Chefingenieur Andreas Gorbach (48). Margret Hucko und Michael Freitag erzählen ein Kammerspiel mit prominent besetzten Nebenrollen.
Seit Jahren klagen Uiguren und andere Minderheiten über Menschenrechtsverstöße in der chinesischen Provinz Xinjiang. BASF will nun sein Joint Venture in der Region verkaufen. Und Volkswagen? Der Autobauer betreibt mit Partner SAIC vor Ort ein Werk und eine Teststrecke. Vorwürfe der Zwangsarbeit weist VW zurück, will nun aber „verschiedene Szenarien intensiv“ prüfen. Eine klare Meinung dazu hat RenataAlt (38, FDP), Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages: „Xinjiang muss als Standort für wirtschaftliche Aktivitäten für westliche Unternehmen, so auch für VW, zu einem „No-Go“ werden.“
Der Verdacht auf Zwangsarbeit beschäftigt Volkswagen auch an anderer Stelle. Laut der „Financial Times“ wurden in den USA Tausende Autos von Audi, Bentley und Porsche beschlagnahmt. Ein Elektronikbauteil in den Fahrzeugen stammt von einem chinesischen Zulieferer, der gegen das Gesetz gegen Zwangsarbeit verstoßen habe.
Elon Musk (52) lernt in Grünheide immer häufiger, was Mitbestimmung bedeutet. Der Tesla-Chef will das Werk erweitern. Bis Freitag können Anwohner dafür oder dagegen stimmen. Einige fürchten um das Grundwasser und protestieren gegen den Autobauer. Das Votum ist nicht bindend, gilt aber als Stimmungsbild. Auch intern muss sich Musk womöglich auf mehr Druck einstellen. Die IG Metall errang eine Verschiebung der Betriebsratswahl. Die Gewerkschaft hofft, ihren Einfluss bei Tesla ausbauen zu können.
Bei Toyotas Kleinwagentochter Daihatsu beginnt nach Unregelmäßigkeiten bei Sicherheitschecks das Reinemachen. Soichiro Okudaira (67) muss als Chef weichen, Masahiro Inoue, bisher für das Geschäft in Lateinamerika verantwortlich, steht als Nachfolger bereit.
Deutsche-Bahn-Chef Richard Lutz (59) und Bundesverkehrsminister Volker Wissing (53) versprechen, den maroden Staatskonzern zu sanieren. So recht daran glauben sollte man lieber nicht. Interne Unterlagen zeigen: Die Deutsche Bahn lebt von der Hoffnung. Ihr Wort hält sie sowieso nur selten. Wer die Titel-Story meines Kollegen Michael Machatschke liest, dürfte zu einer bitteren Schlussfolgerung kommen: Bahnfahrerinnen und -fahrer müssen sich auf noch mehr Chaos einstellen.
Auch andere Autozulieferer haben Sorgen. 92 Millionen Umsatz, 82 Millionen Euro Verlust: Das Geschäft mit Wallboxen für Elektroautos entpuppte sich für Webasto als Fiasko. Technologievorstand Marcel Bartling mag von einer „Erfolgsgeschichte“ sprechen, sein Chef Holger Engelmann (58) dürfte nach fast zweijähriger Suche vor allem froh sein, dass er mit der Private-Equity-Gesellschaft Transom Capital Group aus Los Angeles einen neuen Mehrheitseigentümer für die Sparte gefunden hat.
Mehr Mobilität: Fahrräder, selbstfahrende Autos, Flugtaxis und Fernsehtürme
Die Krise fräst sich weiter durch die Fahrradbranche. Der Umsatz des Teileriesen Shimano ging 2023 um fast ein Viertel zurück, der operative Gewinn brach gar um mehr als die Hälfte ein. Für 2024 erwarten die Japaner weitere Umsatzeinbußen von mehr als zehn Prozent. Ebenfalls unschön: In Kalifornien droht Shimano, Specialized, Giant und Trek eine Sammelklage wegen defekter Rennradkurbeln.
Neben technischen und rechtlichen Herausforderungen gibt es für selbstfahrende Autos vor allem eine Hürde: die Akzeptanz der Bevölkerung. In San Francisco, dem Mekka für Robotaxis, eskalierte nun die Situation: Mehrere Personen demolierten ein Fahrzeug der Google-Schwesterfirma Waymo und steckten es in Brand.
Schaffen Flugtaxis den Durchbruch? Wenn überhaupt, vermutlich zunächst als Service für reiche Kundinnen und Kunden. Da schadet es nicht, wenn man die Exklusivrechte für einen Standort wie Dubai hält. Die hat sich nun US-Hoffnung Joby Aviation für sechs Jahre gesichert. 2026 soll der Service starten.
Seit fast 25 Jahren nutzt VW Nutzfahrzeuge den ehemaligen Fernsehturm in Hannover als Werbefläche. Nun plant VW den Abriss des „Telemoritz“. Stadt und Bewohner reagierten entrüstet, Produktionsvorstand Josef Baumert (58) sieht aber keine Alternative. Die Standsicherheit des 141 Meter hohen Turms sei „grenzwertig“. Der Sparzwang bei VW tut sein Übriges. „Natürlich hat unsere Entscheidung auch etwas mit dem Kostendruck im Konzern zu tun“, gibt Baumert zu.
Zahl der Woche: 0
Welchen Unterschied doch eine Null machen kann. Fahrdienstvermittler Lyft stellte in seiner Geschäftsprognose am Dienstag eine um 500 Basispunkte verbesserte Gewinnmarge in Aussicht. Die Börse jubilierte, die Aktie schoss um mehr als 60 Prozent hoch. Eine halbe Stunde später folgte die Ernüchterung: Finanzchefin Erin Brewer räumte ein, dass eine Null zu viel in die Mitteilung gerutscht war. In Wahrheit steigerte Lyft seine bereinigte Marge um 50 Basis- oder 0,5 Prozentpunkte. Immerhin: Im nachbörslichen Handel blieb ein Plus von 16 Prozent.
Deep Drive: Kein Grund zur Entwarnung
Chinesische Autobauer tun sich zwar schwer in Europa. Für deutsche Hersteller ist das aber kein Grund, sich zurückzulehnen. Aus ihren Fehlern dürften die Angreifer lernen. Technologisch sind sie bereits ebenbürtig. Oder sogar mehr: Als aktuelle Benchmark für Auto-Software sieht die Beratung Horváth Tesla, dahinter folgen Namen wie Nio, Xiaomi oder XPeng. „Während die ausländischen Tech-Giganten ihre Stärken in der Auto-Digitalisierung ausspielen, hinken die historisch gewachsenen deutschen Autobauer hinterher“, sagt Horváth-Experte Tobias Bock.
Geisterfahrer der Woche
Jachten sind ein bei Superreichen extrem beliebtes Fortbewegungsmittel. Um die „Amadea“ ist in den USA nun ein bizarrer Streit entbrannt. Im April 2022 ließ die US-Regierung das 300-Millionen-Dollar-Schiff in Fidschi beschlagnahmen. Angeblicher Besitzer: der Milliardär Suleiman Kerimow (57), ihm wird eine gewisse Nähe zum russischen Staatschef Wladimir Putin (71). Mit Eduard Khudainatow (63) trat allerdings ein weiterer schwerreicher Russe auf den Plan und behauptet, das Schiff gehöre ihm. Da gegen Khudainatow keine Sanktionen erhoben wurden, fordert er die Herausgabe. Die Behörden lehnen das ab, fordern von Khudainatow aber schlappe 600.000 Dollar pro Monat für den Schiffsunterhalt. Die begleicht seit der Beschlagnahmung der Staat. Wir lernen: Nicht nur die Deutsche Bahn kann Steuergelder verschwenden.
Kommen Sie gut durch die Woche.
Herzlichst, Ihr Christoph Seyerlein
Haben Sie Wünsche, Anregungen, Informationen, um die wir uns journalistisch kümmern sollten? Sie erreichen meine Kolleginnen und Kollegen im Team Mobility und mich unter manage.mobility@manager-magazin.de.
Top-Managern, CEO's, CFO's, ... werden Gehälter und Boni in Millionenhöhe gezahlt, da sie für "alles" verantwortlich sind, und "alles" entscheiden, und "alles" wissen, und auf "alle Fragen" immer die richtige Antwort haben.
Ein ganz besonderes Talent,
das insbesondere schauspielerisches Talent erfordert.
Nach der aktiven Phase, in der weiterhin die höchsten Ruhestandsgehälter gezahlt werden, kommt ein weiteres ganz besonderes Talent zu tragen,
das insbesondere schauspielerisches Talent erfordert.
...niemand kann sich mehr erinnern !!
Vertriebsmanager HP Mould
11 MonateVon mir aus können Menschen wie Winterkorn zur Hölle fahren. Der hat nichts für die Automobilbranche getan außer Geld abzusahnen.
System-of-Systems Engineering
11 MonateTop-Managern, CEO's, CFO's, ... werden Gehälter und Boni in Millionenhöhe gezahlt, da sie für "alles" verantwortlich sind, und "alles" entscheiden, und "alles" wissen, und auf "alle Fragen" immer die richtige Antwort haben. Ein ganz besonderes Talent, das insbesondere schauspielerisches Talent erfordert. Nach der aktiven Phase, in der weiterhin die höchsten Ruhestandsgehälter gezahlt werden, kommt ein weiteres ganz besonderes Talent zu tragen, das insbesondere schauspielerisches Talent erfordert. ...niemand kann sich mehr erinnern !!