Warum Geschäftsmodellinnovation Ihnen Wettbewerbsvorteil verschafft
Unternehmen investieren hohe Summen in Forschung und Entwicklung, um mit innovativen Technologien und Produkten im Wettbewerb bestehen zu können. Das reicht jedoch häufig nicht mehr aus, um sich zu differenzieren und zu den Besten auf dem Markt zu gehören. Geschäftsmodellinnovationen können hier eine Schlüsselrolle spielen, um technologische Innovationen nachhaltig profitabel zu machen.
Geschäftsmodellinnovation versus Investitionen in Forschung & Entwicklung
Technologie an sich schafft keinen Wert. Erst durch die Kommerzialisierung über ein nachhaltiges Geschäftsmodell kann der Wert neuer Produkte und Technologien abgeschöpft werden. Während jedoch für die Erforschung und Entwicklung innovativer Ideen und Technologien großzügige Budgets bereitgestellt werden und entsprechende Strukturen und Prozesse zur Verfügung stehen, werden Innovationen des Geschäftsmodells mit nur durchschnittlich 10 Prozent des Innovationsbudgets recht stiefmütterlich behandelt (Gassmann et al. 2013).
Geschäftsmodellinnovationen gewinnen jedoch aufgrund des starken Wettbewerbs immer mehr an Bedeutung. In zahlreichen Unternehmen begegnet man diesem Konkurrenzdruck mit steigenden Investitionen in Forschung und Entwicklung. Ein signifikant positiver Zusammenhang zwischen F&E-Ausgaben und Umsatzwachstum bestätigen durchaus die Sinnhaftigkeit dieser Strategie.
Wenn jedoch auch andere Unternehmen laufend neue Technologien bzw. Produkte und Dienstleistungen entwickeln, wird es schwierig, die Unternehmensperformance überdurchschnittlich zu steigern. Technologische Innovationen wie auch Produkt-, Service- und Prozessinnovationen sind wichtig, um im Wettbewerb bestehen zu können, reichen aber häufig nicht mehr aus, um sich vom Mitbewerb zu differenzieren und an der Spitze der Branche mitzumischen.
Geschäftsmodellinnovation bringt höhere Renditen
Interessant in diesem Zusammenhang ist die von IBM durchgeführte CEO-Studie zum Thema „Innovation und Kooperationsmanagement“ (2006). Die Resultate der Studie zeigen einen positiven Zusammenhang zwischen Wachstum der operativen Marge und Anstrengungen, die in einem Unternehmen unternommen werden, das Geschäftsmodell zu innovieren.
Im Rahmen der Studie wurden Unternehmen in „Outperformer“ und „Underperformer“ eingeteilt, je nachdem, ob das Ergebniswachstum über einen Zeitraum von fünf Jahren über oder unter dem Durchschnitt der direkten Mitbewerber lag. Die Gegenüberstellung der Innovationsschwerpunkte zeigte, dass überdurchschnittlich erfolgreiche Unternehmen 30% ihrer Innovationsressourcen in Geschäftsmodellinnovation investieren – doppelt so viel wie in der Gruppe der unterdurchschnittlich abschneidenden Unternehmen.
Quelle: IBM CEO-Studie „Innovation und Kooperationsmanagement“, 2006
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Innovations-Studie der Boston Consulting Group. Der Branchenvergleich zeigt, dass Geschäftsmodellinnovationen in einem 5-Jahreszeitraum um 6%-Punkte rentabler sind als Produkt- und Prozessinnovationen.
Quelle: Business Week/BCG Innovation Survey, 2008
TSR premium (Total Shareholder Return): Prozentsatz, um den die durchschnittliche gesamte Aktienrendite des Innovators die des Mitbewerbs übersteigt.
Neue Technologien und Produkte erfordern häufig Geschäftsmodellinnovationen
Die Ergebnisse der genannten Studien lassen den Schluss zu, dass der Erfolg innovativer Technologien und Produkte durch entsprechende Geschäftsmodellinnovationen gesteigert werden kann. So kann eine mittelmäßige Technologie in Kombination mit einem hervorragenden Geschäftsmodell gewinnbringender sein, als eine hervorragende Technologie in Kombination mit einem mittelmäßigen bzw. unpassenden Geschäftsmodell. Ein und dieselbe Technologie wird somit bei der Vermarktung über zwei verschiedene Geschäftsmodelle unterschiedliche Ergebnisse erzielen.
Technologische Innovationen für sich genommen sind daher noch kein Garant für den Erfolg auf dem Markt. Im optimalen Fall ist das bestehende Geschäftsmodell geeignet, um die neue Technologie bzw. daraus entwickelte neue Produkte und Dienstleistungen zu kommerzialisieren. Ist dies nicht der Fall, sind Unternehmen gefordert, ein passendes Geschäftsmodell zu entwickeln, um aus der neuen Technologie Wertschöpfung zu generieren.
Andernfalls wird der Outcome weit unter dem bleiben, was das Unternehmen an Wertschöpfung generieren könnte. Denkt man beispielsweise nur an die Veränderungen durch die Machine-to-Machine Technologie, die in vielen Unternehmen neue Geschäftsmodelle erforderlich machen wird, um wettbewerbsfähig zu bleiben.
Geschäftsmodellinnovation ohne technologische Innovation
Geschäftsmodellinnovation ist nicht nur eine gewinnbringende Strategie, wenn es darum geht, neue Technologien auf den Markt zu bringen. Ein neues Geschäftsmodell in Verbindung mit vorhandenen Technologien, Produkten oder Services kann deutliche Wettbewerbsvorteile mit sich bringen. Investitionen in Forschung und Entwicklung können in diesem Fall häufig deutlich verringert werden.
Unternehmen, die an veralteten Geschäftsmodellen festhalten, laufen daher Gefahr, jenen Firmen das Feld zu überlassen, die mit einem geeigneteren Geschäftsmodell aus derselben Technologie wesentlich bessere Ergebnisse erzielen. Ein bekanntes Beispiel hierfür ist die Geschäftsmodellinnovation Apple´s. Die Technologien hinter iTunes & Co., beispielsweise das Audioformat MP3, wurde nicht von Apple erfunden, sie war bereits vorhanden. Apple veränderte lediglich den Nutzen der Technologie für den Kunden, indem mit einer neuen Produktlinie und der Einführung des iTunes Store ein Geschäftsmodell geschaffen wurde, das Apple an die Spitze der Branche katapultierte.
Die Erfolgsgeschichte von 3Com hat einen ähnlichen Hintergrund. Der Gründer des Unternehmens, Robert Metcalfe, war während seiner Tätigkeit als Forschungsmitarbeiter der Firma Xerox maßgeblich an der Entwicklung der Ethernet Technologie beteiligt. Die Erfindung passte jedoch nicht in das bestehende Geschäftsmodell von Xerox, zudem wollte Xerox Kosten einsparen. Die Ethernet Technologie wurde daher gegen eine einmalige Zahlung von 1.000 Dollar Metcalfe überlassen, der in weiterer Folge auf Basis eines innovativen Geschäftsmodells ein äußerst erfolgreiches Unternehmen aufbaute.
Ein weiteres Beispiel dafür, wie ein Unternehmen durch Geschäftsinnovation vorhandene innovative Technologien optimal nutzbar machen kann, ist der Werkzeughersteller Hilti. Das Unternehmen investierte nicht vorrangig in die Entwicklung neuer Produkte, sondern entwickelte ein innovatives Geschäftsmodell, das mit der Einführung eines Fleet-Managements die Bedürfnisse der Kunden adressierte. Die Geschäftsmodellinnovation Hilti´s schaffte somit die optimalen Voraussetzungen, um aus der bereits vorhandenen Werkzeugtechnologie höhere Erträge zu erwirtschaften.
Fazit
Viele Unternehmen stolpern nicht über mangelnde Innovationstätigkeit. Ihr Stolperstein sind häufig starre Geschäftsmodelle, die kaum in Frage gestellt werden. Ein Großteil der Investitionen für Forschung und Entwicklung fließt in die Schaffung von Produkt-, Service- oder Prozessinnovation, während die Chancen durch ein neues Geschäftsmodell übersehen werden. Die Unternehmensgeschichte erfolgreicher Branchenriesen zeigt jedoch deutlich, dass gerade Geschäftsmodellinnovationen den entscheidenden Unterschied machen.
Wer nicht anfängt, anders zu denken, wird nicht anfangen, die Regeln zu ändern.
Oliver Gassmann, Professor für Technologie- und Innovationsmanagement an der Universität St. Gallen