Arbeit als „Dienst an der Gesellschaft“

Arbeit als „Dienst an der Gesellschaft“

Die „Purpose“-Diskussion hat längst die meisten Unternehmen und ihre Arbeitnehmer erfasst. Dabei geht es vor allem um das Streben nach Sinn im Beruf, nach persönlicher Erfüllung bei dem, was man arbeitet. Die Beschäftigung mit dem „Warum“ hat vollkommen zu Recht spürbar zugenommen. Ich finde noch eine weitere Perspektive spannend, eine solche, bei der man Arbeit als eine Art Dienst an der Gesellschaft betrachtet – obwohl es vielen gar nicht bewusst ist und obwohl viele berufstätige Menschen dafür nicht die Wertschätzung erhalten, die sie verdienen.

Die Arbeitsteilung, die sich in modernen Industriegesellschaften herausgebildet hat, hat dazu geführt, dass wohl die meisten Menschen den gesellschaftlichen Zweck ihrer Arbeit nicht oder nur ansatzweise erkennen. Sicher, wer in der Altenpflege, bei der Polizei oder als Arzt arbeitet, dem wird öffentliche Akklamation zuteil. Aber ein Fachverkäufer im Einzelhandel oder ein Arbeiter in der Automobilproduktion wird sich wohl seltener die Frage nach dem Beitrag stellen, den er oder sie für die Allgemeinheit leistet. Ähnliches dürfte z. B. auch auf einen Steuerberater zutreffen. Dabei wissen es viele Menschen sehr zu schätzen, dass es in ihrem Ort noch die Möglichkeit gibt, in ein Fachgeschäft zu gehen oder dass sie im Steuerdickicht sachkundige Beratung in Anspruch nehmen können.

Das Problem der meisten Theorien über die moderne Arbeitswelt ist, dass sie immer nur einen Ausschnitt der Wirklichkeit betrachten, man könnte auch sagen: dass sie in ihrer Blase verhaftet bleiben. Der US-Unternehmer und Autor Aaron Hurst, der wohl als Vater der modernen „Purpose-Theorie“ gilt, sagte in einem Interview: “People don't go to work just to get a paycheck; they want to feel what they are doing matters to the world and that they are growing in the job.” Doch für viele Menschen, gerade im Niedriglohnbereich, bleibt dies graue Theorie. Ihnen geht es natürlich erst einmal um den „paycheck“ und um die materielle Sicherung ihrer Existenz. Mit einer theoretischen Überhöhung können sie aus verständlichen Gründen nicht viel anfangen, was im Übrigen keinesfalls ausschließt, dass sie ihren Beruf mit Freude und Engagement ausüben.

Was lässt sich nun aus diesen Überlegungen für die Praxis mitnehmen? Wir sollten allen, die einer Arbeit nachgehen, noch mehr Wertschätzung entgegenbringen, egal ob im Betrieb, auf der Behörde oder im Krankenhaus. Denn alle leisten auf ihre Weise einen Beitrag zu einem funktionierenden Gemeinwesen, auf das wir alle angewiesen sind. Kurzum: Gelebte Wertschätzung von Arbeit stärkt uns als Gesellschaft – und dazu kann jeder seinen Teil beitragen.


Peter Dreyer

Volljurist / Referent BaFin

10mo

Wichtig dabei ist, dass die zuständige Geschäftsleitung diese Sache auch tatsächlich beherzigt

Like
Reply
Peter Dreyer

Volljurist / Referent BaFin

10mo

Wertschätzung sollte im eigenen Unternehmen anfangen

Like
Reply
Roland Hellwig

MLP Finanzberatung SE - MLP Banking AG

10mo

"Zusammen"Arbeit stärkt uns als Gesellschaft!

Like
Reply
Rene Marquardt

Klarheit in allen Finanzfragen verbessert Ihre Lebensqualität.

10mo

Vielen Dank für dem Beitrag lieber Uwe, ich bin sehr dankbar und glücklich, dass ich als MLP Berater etwas für meine Kundinnen und Kunden tun kann, was Ihnen mehr Sicherheit und Leichtigkeit für Ihr Finanzentscheidungen und Ihr Leben gibt. Bildquelle: Héctor Garcia, Ko-Autor des Buchs „Ikigai: The Japanese Secret to a Long and Happy Life“, ist der Ansicht, dass das Venn-Diagramm, das in seinem Buch abgebildet ist und vom amerikanischen Unternehmer Marc Winn zur Illustration des Konzepts von ikigai erstellt wurde (mit den vier Kategorien „What you love“, „What the world needs“, „What you can be paid for“ und „What you are good at“), dabei helfen kann, den eigenen ikigai zu finden, wenn man es als Grundlage für die Ordnung der eigenen Überlegungen nutzt: „Wenn man z. B. gerne und gut kocht, könnte ‚Kochen‘ die Kategorien ‚What the world needs‘ und ‚What you can be paid for‘ erfüllen. Man könnte sich selbst zunächst ein bescheidenes Ziel setzen, wie z.B. für Partys von Freunden zu kochen oder diejenigen zum Lächeln zu bringen, denen dein Essen schmeckt. Selbst wenn es nicht gelingt, alle vier Kategorien zu erfüllen, kann man den eigenen ikigai steigern, indem man sie im Kopf behält.“ https://amzn.to/3RLEHCb

  • No alternative text description for this image
Like
Reply
Prof. Dr. Oliver Spalt

Professor für ABWL, Finanzwirtschaft und Finanzmarktinstitutionen bei Universität Mannheim

10mo

Lieber Uwe, vielen Dank für diesen wichtigen Beitrag dem ich 100% zustimme! Wir arbeiten aktuell dazu… freue mich mit dir bei nächster Gelegenheit darüber zu sprechen.

Like
Reply

To view or add a comment, sign in

Others also viewed

Explore topics