Antizyklisches Investieren (AInv)

Antizyklisches Investieren (AInv)

Mit der Masse zu schwimmen (prozyklisches Investieren), birgt sicherlich auf den ersten Blick ein geringeres Risiko. Auf den zweiten Blick werden aber zu hohe Preise gezahlt, die dann bei einer Marktanpassung sofort zu Abwertungen führen.

Die Analyse des Logistikimmobilienmarktes zeigt diese Entwicklung ziemlich deutlich

Noch zu Beginn der 2000er Jahre fristeten die Logistikimmobilien ein Mauerblümchendasein (grauer Schwan) im Investment-Universum (Faktoren:10-12, Spread gegenüber scheinbar risikoärmeren Assetklassen:100-200 bps) , das dann immerhin bis zur Finanzkrise im Jahre 2008 einen gewissen Aufschwung erlebte, weil sich paneuropäische Distributionsstrukturen entwickelten und dafür neue Objektdimensionen notwendig wurden (Faktoren: 14-16, Spread: 100-150 bps).

Die Finanzkrise Ende 2008 brachte zunächst einen Rückfall aufgrund kurzfristiger Finanzierungsprobleme und damit einem Rückgang von Projektentwicklungen, allerdings wuchs die Nachfrage seitens der Nutzer massiv durch das Wachstum des eCommerce, so dass der Markt sich ab etwa 2015 wieder deutlich erholte – flankiert durch die Zinssenkungen der Zentralbanken. Die Auswirkungen der Corona-Krise sowie die Blockade des Suez-Kanals im März 2021 zeigten die Notwendigkeit von Logistikimmobilien (weißer Schwan). Die Spitze der Entwicklung wurde um 2021 erreicht (Faktoren: 30-33, Spread: 0 - 75 bps).

Die Zinserhöhungen ab Mitte 2022 führten zu deutlichen Preisrückgängen des Gesamt-Immobilienmarktes und somit auch im Logistikimmobilienbereich (Faktoren fielen unter 20, aber der Spread tendierte gegen 0 bps).

Aktuell liegen die Faktoren wieder etwas oberhalb von 20. Es kristallisiert sich heraus, dass sich die Logistikimmobilien

·       vom grauen Schwan zum grünen Schwan entwickelt, indem Nachhaltigkeitsaspekte mit diesem Typus sehr gut umgesetzt werden können (Energieproduktion auf dem Dach, Biodiversität auf Freiflächen, Regenwassermanagement u.v.m.)

·       gegenüber anderen Assetklassen deutlich dynamischer entwickeln, weil sowohl der Büro- (Remote-Working) als auch der Retail-Bereich (eCommerce, qCommerce, sCommerce) von den strukturverändernden Entwicklungen der Digitalisierung betroffen sind.

Viele Asset-Manager und Investoren haben viel zu lange an tradierten Asset-Klassen-Verteilungen festgehalten und sind erst spät in die sich bereits lange abzeichnenden Entwicklungen eingestiegen um dann den steigenden Preisen hinterherzulaufen. Viele Fondsprodukte haben die avisierten Zielausschüttungen nie erreicht.

Im Logistikimmobilienbereich sind immerhin die kräftig gestiegenen Mietpreise, die jahrzehntelang um 4,00 € / m² p.m. lagen und inzwischen in bestimmten Regionen die 10,00 € / m² p.m. - Marke überspringen, ein gewisser Puffer gegen Abwertungen.

Wie hätte nun ein antizyklsches Investieren ausgesehen?

Für ein antizyklisches Investieren reicht es nicht aus, nur die preislichen Zyklen zu beachten, die vor allem zinsinduziert sind, sondern die parallel ablaufenden geopolitischen, strukturellen, demografischen und technologischen Entwicklungen zu bewerten:

Geopolitik: Spätestens seit 2008, aber zumindest seit 2014 war eindeutig absehbar, dass die weltweite Friedensphase ein Ende gefunden hat. Auch das neue machtpolitische Auftreten Chinas würde in dieser Phase deutlich.

Strukturpolitik: Handelsplattformen wie zunächst ebay und dann Amazon haben den Handelsbereich massiv disruptiert, weitere Disruptionen sind durch den sCommerce zu erwarten. Die zunehmende De-Industrialisierung traditioneller Industrien sowie das ortsunabhängige Arbeiten verändern weitere Bereiche unseres Lebens.

Demografie: Die Bevölkerungspyramiden in nahezu allen westlichen Ländern zeigen einen deutlichen Rückgang des Nachwuchses und einen höheren Anteil Älterer an der Gesamtbevölkerung. Gleichzeitig gibt es weite Teile der Erdbevölkerung, die eine Überhang junger Menschen aufweist, die im Übrigen nach Wohlstand streben.

Technologie: Eine der wesentlichsten technologischen Entwicklungen ist der Bereich der erneuerbaren Energie, bei dem aus Sonne und Wind die notwendige elektrische Energie erzeugt werden kann. Daneben ist die rasante Entwicklung der Informationstechnologie (CloudComputing, KI) zu benennen, die viele Aktivitäten schon heute effizienter gestalten könnte, wenn sie nur dürfte.

Bezogen auf die Logistikimmobilien hätte ein antizyklisch agierender Investor nach der Finanzkrise auf moderne Big-Boxes gesetzt und diese bereits kurz vor Ausbruch des russischen Angriffes – der ebenfalls vorhersehbar war – bereits wieder desinvestiert und würde nun auf neue Investmentchancen warten. Insofern ist jetzt ein günstiger Zeitpunkt, um sich antizyklische Gedanken zu machen.

Das von den Finanzmärkten erwartet weitere Zinssignal wird wohl noch länger auf sich warten lassen, so dass es weitaus komplizierter wird, die richtigen Investments zu identifizieren. Über die jetzt einzubeziehenden Faktoren stehen wir gerne für weiterführende Gespräche zur Verfügung.

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