Bekannt wie ein bunter Hund und trotzdem kaum sichtbar: Führungskräfte in den oberen Etagen
„Wissen Sie, Herr Raif, im Unternehmen kennt mich jeder. Doch sonst nur wenige“. So oder so ähnlich höre ich das häufig von leitenden Führungskräften – manche von ihnen besitzen kaum relevante Sichtbarkeit außerhalb ihrer Organisation. Warum ist das so?
Mich wundert es nicht. Denn um von anderen wahrgenommen zu werden, die zunächst nichts mit dem eigenen Unternehmen zu tun haben, kostet Zeit. Genau das ist bei den meisten Führungskräften Mangelware.
Ich war selbst lange genug Geschäftsführer einer mittelständischen Agentur. Hätten wir 2008 nicht das damals unlukrative (Bankenkrise!) Feld der B2B-Kommunikation verlassen und uns dem „neuen Scheiß“ Social Media zugewandt, hätte ich mich nicht so intensiv in diese Thematik einarbeiten können. Seitdem fällt es mir leicht, mich auf Social Media Kanälen aufzuhalten, Community-Aufbau und -Pflege zu betreiben. Ich verstehe die Angebote und bekomme sehr schnell Neuigkeiten mit, die rund um mich herum passieren. Auch weiß ich, wen ich fragen kann, wenn ich mal einen Dienst nicht kenne oder eine Funktion nicht verstehe. Jetzt ist das einfach für mich.
Social Media ist sicher nicht der einzige Weg, um seine Personal Brand aufzubauen und zu pflegen - aber ein guter, reichweitenstarker und jederzeit umsetzbarer. Natürlich ist das immer abhängig von den Kommunikationsgewohnheiten der Zielgruppe.
Warum ist Sichtbarkeit nach außen wichtig?
Sollte die Persönlichkeit zum Tage X nicht mehr im Unternehmen arbeiten, ist ein großer Teil der bis dahin erworbenen Reputation wirkungslos. Denn was nutzt es den Führungskräften, im verlassenen Unternehmen bekannt zu sein – doch sonst sind sie ein unbeschriebenes Blatt? Weder Headhunter noch künftige potentielle Arbeitgeber können sich ein klares Bild der Persönlichkeit (z.B. in der Vorauswahl) machen. Könnte ein Problem für die erste grobe Auswahl sein. Fliegt man hier schon durch das Raster, beispielsweise weil es einen Mitbewerber gibt, der seine Marke auch außerhalb des aktuellen Unternehmens aufgebaut und gepflegt hat, kommt man erst gar nicht in den weiteren Prozess. Das ist definitiv unnötig, denn jeder hat die Möglichkeit, seine Sichtbarkeit zu steuern.
Die meisten Persönlichkeiten aus diesen Etagen, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, haben nicht unmittelbar vor, das Unternehmen zu verlassen. Sie haben keine konkreten Exit-Pläne – doch hören sie oft die Flöhe husten. Beispielsweise wenn ein Führungswechsel in der Etage darüber stattfinden wird oder die Politik des Hauses in eine andere Richtung geht etc.
Dann machen leitende Führungskräfte für sich, was sie seit Jahren fürs Unternehmen tun: vorausschauend planen und handeln. In diesem Stadium lerne ich CEOs, Geschäftsführer*innen, Prokurist*innen und weitere „Chef*innen“ kennen.
Geheimsache Personal Branding?
Nein, offenes Visier. Denn es gibt meist keine Abwanderungspläne, sondern es wird für mögliche Szenarien geplant. Wer sich ein wenig mit Personal Branding beschäftigt, weiß, dass es einen zeitlichen Vorlauf braucht, um eine öffentliche Bekanntheit innerhalb der Zielgruppe zu erarbeiten. Das wissen die Führungskräfte, auch aus eigener Erfahrung. Außerdem bekomme ich häufig berichtet, dass der Aufbau der eigenen Marke auch von den Kollegen als vorbildlicher Schritt beurteilt wird.
Deshalb gehören zu den Kernzielgruppen immer die gesamte Unternehmensführung und Mitarbeiter bei dem aktuellen Arbeitgeber. Genau in dieser Zielgruppe erhalten die Führungskräfte oft ihr erstes und positives Feedback. Das ermutigt zu mehr, wie mir immer wieder berichtet wird. Auch ergeben sich mit Kolleg*innen nicht selten neue Beziehungen abseits des Tagesgeschäfts. Einfach, weil man sich besser kennenlernt und auseinandersetzt. Ein Quick-Win für viele.
Nur einmal arbeiteteich mit einer Persönlichkeit zusammen, die die letzte Stufe der Karriereleiter innerhalb seines Konzerns erklimmen wollte – er wünschte sich eine diskrete Zusammenarbeit. Ehrensache!
Marke ist Chefsache!
Dieser alte Spruch hat einen längeren Bart wie der hipste Hipster. Trotzdem passt er endlich mal. Denn die eigene Marke im marketingwissenschaftlichen Sinn zu erarbeiten, ist für alle ein echtes Erlebnis. Natürlich auch für Leute, die selbst verantwortlich für Unternehmensmarken sind. Deshalb wissen sie, wie wichtig ein werteorientierter Markenaufbau ist. Sie können damit umgehen und erkennen den Wert.
Mein Business beruht auf der Personal Brand, der eigenen Marke. Nur wenn man seine Marke kennt, weiß man, was man vermarkten kann. Das ist selbstverständlich für alle Produkt- und Industriemarken. Natürlich gilt das auch bei Persönlichkeiten. Damit starten wir – und das macht großen Spaß. Zum Glück nicht nur mir, sondern auch meinen Kund*innen.
Personal Branding als Personal Coaching?
Ich arbeite immer im Modus des Personal Branding Experten, nicht als Business Coach (trotz entsprechender Ausbildung) – doch kommt die Zusammenarbeit einem Personal Coaching recht nah. Beispielsweise beim Thema Eigen- und Fremdreflexion (Eigen- und Fremdwahrnehmung bei typischen Charaktereigenschaften / Markenkernwerten) oder aufs Wesentliche reduzieren (Positionierung).
Aha-Erlebnisse gibt es immer. Es mich freut es jedesmal, wenn ich das in den Gesichtern meiner Persönlichkeiten ablesen darf. Auch für mich ein Fest!
Womit beginnen?
Meine Empfehlungen gehen häufig in die selbe Richtung. Natürlich schauen wir uns zuvor die avisierten Zielgruppen an, damit wir wissen, mit welchen Kommunikationskanälen wir sie erreichen können. Dann legen wir Kommunikationsthemen und einen groben Handlungsplan fest. Auch finden wir heraus, wer helfen kann oder ob die Persönlichkeit ihre eigene Agentur ist.
Ich achte darauf, dass nicht mehr als zwei, maximal drei Medienkanäle selektiert werden. Denn das Umsetzen des Personal Brandings erfordert Zeit und langen Atem. Mit etwas Übung geht´s schneller und wer keinen konkreten Termin erreichen möchte, hat grundsätzlich keine Eile. Doch die Beständigkeit der Kommunikation muss gewährleistet sein. Das gilt für alle Werbungtreibenden, auch für die internationalen Top Marken. Werbepausen kosten Reichweite und Aufmerksamkeit.
Dann geht´s los mit dem Medienaufbau oder -relaunch. Damit meine ich beispielsweise gute Profile in Business Plattformen erarbeiten, eine Experten-Seite im Internet konzipieren und live schalten etc.
Ist das geschafft, dann beginnt die Kommunikationsarbeit: nicht im Spurt, aber als Marathonlauf. Dran bleiben. Weiter machen – auch wenn man das Gefühl hat, das liest keiner. Stimmt nicht – mehr 90% aller Social Media Nutzer lesen nur, ganz wenige reagieren sichtbar.
Respekt, meine Damen und Herren!
Ich arbeite sehr gerne mit Führungskräften zusammen. Das ist Anspruchsvoll und meine Aussagen müssen gehaltvoll sein. Denn Palaver wird schnell als solches entlarft und das war´s dann mit der eigenen Reputation gegenüber dieser Persönlichkeit.
Doch mir gefällt diese konzentrierte Arbeit. Wir arbeiten auf hohem Niveau, persönlich und vertrauensvoll. Das ist ein großes Geschenk. Das halte ich in Ehren und strenge mich mächtig an, dass meine Persönlichkeiten mit einem guten Gefühl nach Hause fahren.
Fotos (v.o.n.u.):
Photo by Christina @ wocintechchat.com on Unsplash
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4 JahreMeine Rede! Mich hast Du längst überzeugt, lieber Stephan. Gerade unter dem Brennglas von Corona ist so deutlich geworden, wer sich selbst nur als Getriebener verhält und wer selbst als Leutchtturm für seine Community (in- und externe Kunden sowie Interessenten) fungiert, weil die eigene Haltung und damit die eigenen Persönlichkeit für Vertrauen und Sinn stehen, an dem sich gerne orientiert wird. Deinen Artikel teile ich gerne, möge er dazu helfen, dass sich viele neu besinnen, vorausgesetzt sie können es auf Social Media überhaupt lesen... Denn wer nicht hier ist, bekommt auch nichts mit.
Senior Consultant | Spezialisiert auf Unternehmensberatung, Projekt- und Produktmanagement & Visual Thinking
4 JahreLeider wahr. Außer von großen Konzernen, wo der Vorstand oftmals von covern lacht oder Fachartikel für Zeitschriften zur Verfügung stellt kennt man diese. Ansonsten sind CEOs Von bekannten Unternehmen auf LinkedIn, haben aber nichts zu bieten. Keine Beiträge, wenig Kontakte und somit auch kaum Interesse am Geschehen. Oftmals wird auch so im Unternehmen agiert. Man kennt den Vorstand, aber wissen tun Mitarbeiter wenig über diese Person.
Co-Founder & Partner INVERVE VALUES® Institute for Corporate Learning. Wertearbeit zum Anfassen für Coachings, Trainings, Therapie, Onboardings, Marketing und viele weitere Anwendungen.
4 JahreLiebe Freunde, bitte weiterempfehlen: Dr. Irène Y. Kilubi (she/her/hers), Sandra Kiel 🚀, Ilkay Özkisaoglu, Stephanie Schaffner, Stephanie Faussner, Cécile Jemmett, Patricia Moro, Diana T. Roth (HerzBlutPersonalerin)🇨🇭🇩🇪, Ellen Maier, Franziska Ambacher