das teuerste studium der welt
letztens habe ich hier gefragt, ob wohl nächsthin das (gedruckte) buch aussterben wird, zumindest als fachbuch. veranlasst war die frage nicht zuletzt von der alltagsbeobachtung im kurs, dass kaum noch bücher auf den tischen der studenten liegen.
wenn ich so in der pause mal frage, wie das wohl kommt, höre ich - nicht erst seit gestern - die klage, man müsse sich diese bücher ja überhaupt erst einmal leisten können. das studium sei schließlich eine ziemlich teure angelegenheit.
unlängst kam ich in einer längeren unterhaltung mit einem studenten der rechtswissenschaft in einem mittleren semester an genau diesem punkt wieder einmal vorbei. es war zeit, genauer nachzufragen.
also frug ich, um welche dimensionen es sich bei den teuren büchern wohl handle. er meinte, so mit etwa fünfzig stück müsse man schon rechnen, verteilt über die großen rechtsgebiete und einige grundlagenfächer. lassen wir das mal gelten (obwohl es vielleicht auch schlanker ginge), wenn man zu den klassischen lehrbüchern ein paar fallsammlungen und ähnliches hinzugesellt. und der preis? den haben wir mit durchschnittlich € 30,- pro stück angesetzt für die hochrechnung. manche sind teurer, aber etliche sind günstiger. einige wenige gehen gebraucht, einige kann man gebraucht wieder verkaufen. das sind ungefähr € 1.500,-. wenn man die auf ein achtsemestriges studium halbwegs gleich verteilt, sind das beinahe € 200,- pro semester, am anfang vermutlich ein bisschen mehr. (in dieses budget fallen auch gesetzestexte usw, aber wir schauen mal nur auf die bücher.)
er fand das beunruhigend, mir kam es nicht soooo viel vor, gemessen am aktuellen mindestlohn und den verdienstmöglichkeiten in einem studentischen nebenjob.
um den drohenden dissens kommunikativ abzumildern, fragte ich ihn, wie viel geld er gegen ende seines studiums eingeplant habe für kommerzielle nachhilfe vor dem examen. er sprach, er gehe von etwa € 2.500,- für das rundum-sorglos-paket seines favorisierten repetitors aus. das war es ihm wert, musste ich so hinnehmen. ich fragte dann weiter, ob er eine einschätzung habe, wie viel die pc- und telekommunikations-hardware koste, die auf den tischen seiner kollegen liege (statt bücher). er meinte: überwiegend vierstellig. ich fragte, was die studenten während des studiums im durchschnitt so für individuelle kfz-mobilität ausgäben (einschließlich sprit, steuern, versicherungen, reparaturen der schrottschüssel usw.). er sprach: klar deutlich vierstellig. ich frug weiter, wie es sich mit den urlaubsreisen verhalte. er sagte: aufsummiert ganz sicher ziemlich vierstellig.
als ich das mit den kosten für die bücher verglich, meinte er, ja, das relativiere die zahl. aber die bücher kämen schließlich on top. (ich bin mir nicht sicher, ob das stimmt.)
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weil ihm das studium immer noch ganz schön teuer vorkam, fragte ich, ob sich das nicht letztlich lohne, wenn man mit guten noten und einer gewissen leidensbereitschaft heute € 150.000,- jährlich als anwaltliches einstiegsgehalt erzielen könne - und in naher zukunft bereits zwei gerade eben noch bestandene examina für den ehemaligen traumberuf richter genügen würden. er meinte, die € 1.500,- für die bücher müsse er aber JETZT ausgeben. mein argument, sie seien womöglich gut angelegtes geld, wollte er nur so halb gelten lassen. schließlich müsse er die bücher auch noch lesen. dem hatte ich wenig entgegenzusetzen.
bevor wir das thema wechselten, plädierte ich (vermutlich ein wenig unbeholfen) dafür, den aufwand für den kauf der bücher mit dem aufwand für deren lektüre und verständnis zu vergleichen, hoffend, dass der kauf ihm dann nicht mehr so schmerzlich erscheinen werde.
ganz überzeugt war er nicht. (wann gibt sich ein juristenkollege schon einmal argumentativ geschlagen?) aber um des lieben friedens und des kommunikativen anstands willen signalisierte er, es doch mir zuliebe nächstens mal wieder mit einem buche versuchen zu wollen. ob ich denn eines empfehlen könne?
was mich erneut zum nachdenken brachte:
was empfiehlt man, wenn einer nur ein juristisches buch zu lesen gedenkt?
jemand einen tipp für mich (und ihn)?
Owner SVEN SAUER HEALTHCARE CONSULTING, Advisor Cannim Europe
1 Monat„schließlich müsse er die bücher auch noch lesen“ 😂😂😂
Stadtoberrechtsrat Stadt Mönchengladbach • Digitale Verwaltung • Privataccount
1 MonatWie ist das denn in BWL, Medizin? Alles umsonst?
Stay in time with "JURIST IN TIME"!
1 MonatIch hatte nie ein Auto und hatte nie Urlaub. Nur meine Eltern habe ich besucht und selbst dort habe ich weitergelernt. Die Bücher waren sehr teuer. Alles in Allem kein lohnenswertes Studium.
Stadtoberrechtsrat Stadt Mönchengladbach • Digitale Verwaltung • Privataccount
1 MonatNunja, die elektronischen Varianten der Bücher sind zwar ein wenig günstiger, aber nicht viel. Alternative ist die Lehrbuchsammlung der Bibliothek. Ein einziges Lehrbuch? Herausragend finde ich das Verwaltungsprozessrecht von Hufen. Aber "wie lernen" ist ein eigenes Thema.
Voice & Law Specialist & Researcher | Trainee Lawyer specialising in transnational, cross-border and IP law | Professional Opera Singer focusing on Puccini and Verdi
1 Monatroland schimmel Klassischer Fall falscher Schwerpunktsetzung. Ungenügend. 😂