Digitales Zentralbankgeld – Effizienzturbo in Zahlungsverkehr und Kapitalmarktgeschäft?

Digitales Zentralbankgeld – Effizienzturbo in Zahlungsverkehr und Kapitalmarktgeschäft?

Mit Wholesale CBDC (wCBDC) steht ein echter Gamechanger im internationalen Zahlungsverkehr und im Kapitalmarktgeschäft in den Startlöchern. Zentralbanken auf der ganzen Welt arbeiten intensiv an der neuen Form des Zentralbankgeldes – mit ganz unterschiedlichen Entwicklungsständen. Auch Banken sollten sich auf den bevorstehenden Wandel der Infrastruktur vorbereiten, wie wir zuletzt bei unserer Kooperationsveranstaltung mit Frankfurt Digital Finance, der Frankfurt Digital Finance Lounge, gezeigt haben.

Vor einigen Tagen hatte ich im Rahmen der ersten Frankfurt Digital Finance Lounge das Vergnügen, mit zwei echten Thought Leaders in puncto CBDC (Central Bank Digital Currency) in die Zukunft des Geldes einzutauchen. Gemeinsam mit Alexander Bechtel , Head of Digital Assets & Currencies Strategy Corporate Bank, Deutsche Bank, und unserem Blockchain- und CBDC-Experten Ousmène Jacques Mandeng habe ich mich zu den Grenzen und Perspektiven von Wholesale-CBDC (wCBDC), also digitalem Zentralbankgeld, für den Einsatz zwischen der Zentralbank und regulierten Finanzinstitutionen ausgetauscht. Moderiert wurde das Bühnengespräch von Corinna Egerer , Gründerin von Frankfurt Digital Finance .

Im Gespräch wurde recht schnell klar: Hier eröffnet sich ein riesiges neues Feld, insbesondere im Kontext internationaler Geldtransaktionen. Schließlich ist der internationale Zahlungsverkehr nach wie vor sehr langsam und vor allem teuer. Grund sind die vielen indirekten Zahlungsverkehrsbeziehungen, auf denen das System im Wesentlichen beruht. Überweisungen sind mit langen Zahlungsketten verknüpft. Das bedeutet erhebliche Risiken und Verzögerungen. Nicht ohne Grund besteht weitgehend Konsens darüber, dass das bestehende Modell auf der Grundlage von Korrespondenzbanken nicht mehr zweckmäßig ist. Mit CBDC können wir direkte Zahlungsverkehrsbeziehungen erzeugen, Zahlungen können sofort erfolgen und wären nahezu risikolos. Mehr Auswahl und Wettbewerb bei grenzüberschreitenden Zahlungen dürften sich zudem letztlich auch in niedrigeren Kosten niederschlagen.

Strategische Agenda

Dass Zentralbanken wie die EZB entsprechende Projekte intensiv vorantreiben, hat aber neben den Kriterien Stabilität, Sicherheit und Kosten noch einen weiteren Grund. Im Fokus steht schließlich auch der strategische Aspekt geldpolitischer Unabhängigkeit oder vielleicht sogar des Ausbaus des Einflusses der eigenen, dann digitalen Währung. Doch was kann digitales Zentralbankgeld konkret im Geschäftsbereich Großhandel verändern, wo wird es im Banking eine Rolle spielen?

Alexander Bechtel hat hier drei wesentliche Felder für das Interaktionsfeld zwischen Zentralbank und regulierten Finanzinstitutionen mit Zugriff auf digitales Zentralbankgeld skizziert. Die Nutzung von wCBDC:

  • für grenzüberschreitende, währungsübergreifende Zahlungen zwischen Geschäftspartnern, die von der neuen Geschwindigkeit und besseren Verfügbarkeit profitieren
  • als Abwicklungs-Asset für tokenisierte Einlagen, das als ein Mittel zur Erschließung des vollen Potenzials der „Distributed Ledger“-Technologie (DLT) auf den Finanzmärkten fungieren könnte
  • für unmittelbar stattfindende Atomic Settlements, was effizientere und „echte“ Delivery-vs-Payment- und Payment-vs-Payment-Transaktionen möglich macht

Mit Wholesale-CBDC in tokenisierter Form gehören Lieferausfälle im Kapitalmarktgeschäft, im Handel mit Wertpapieren oder Devisen der Vergangenheit an. Der Tausch zwischen tokenisierten Assets und digitalem Geld führt zu einem regelrechten Effizienzboost. Das schafft Sicherheit, Vertrauen und neue geschäftliche Optionen.

Lösung auch für noch unbekannte Probleme     

Natürlich kann man sich die Frage stellen, ob mit wCBDC echte Probleme adressiert werden, die tatsächlich eine neue Lösung brauchen. Im Bereich der Retail-CBDC, also bspw. eines digitalen Euros für Endkonsumenten, könnte man das möglicherweise infrage stellen. Der Grund: Dem Endkonsumenten dürfte es ganz egal sein, wie eine Transaktion im Hintergrund abgewickelt wird – eine CBDC-Zahlung schafft hier keinen Mehrwert gegenüber Bankkarte, PayPal, Apple Pay & Co. Im Bereich der professionellen wCBDC-Anwendung sieht das vollkommen anders aus. Hier lassen sich enorme Effizienzpotenziale abrufen.

Wie mein Kollege Ousmène Jacques Mandeng richtig beschrieb, adressiert das neue Instrument im Finanz-Werkzeugkasten Anwendungsgebiete, die wir heute noch gar nicht kennen. Schließlich stehen wir am Anfang einer Entwicklung. Etliche Zentralbanken erörtern noch grundsätzliche Fragen wie Ausgestaltungsoptionen und Anwendungsfälle. Andere beschäftigen sich mit konkreten Projekten oder Experimenten, wie das „Projekt Jura“ der Banque de France und der Schweizer Nationalbank für grenzüberschreitende wCBDC-Zahlungen, an dem Ousmène – wie übrigens an zahlreichen weiteren internationalen Projekten – beteiligt war.

Bis wir wCBDC im Bankenmarkt aktiv sehen, wird sicherlich noch etwas Zeit vergehen, schließlich ist der Umstieg auf eine völlig neue Infrastruktur stets mit anfänglicher Zurückhaltung verbunden. Im Markt ist jedoch zugleich eine deutliche Offenheit gegenüber dem digitalen Zentralbankgeld zu spüren. Auch gibt es keine technologische Hürden. Insofern wird sich wohl spätestens mit der Tokenisierung von Wertpapieren der Erfolg von wCBDC einstellen. Auch Geschäftsbanken sollten daher die Entwicklung intensiv verfolgen und für sich frühzeitig Anwendungsbereiche identifizieren. Wir unterstützen gerne dabei, ob mit unserer Expertise oder indem wir einen offenen Austausch zwischen verschiedenen Marktteilnehmern ermöglichen – wie zuletzt als Co-Gastgeber der ersten Frankfurt Digital Finance Lounge bei uns in Kronberg. Genau solche lebhaften und intensiven Diskussionen sind es nämlich, die wir jetzt brauchen, um das Thema voranzutreiben. Ich glaube, die meisten unserer Gäste haben wie ich einen echten Mehrwert mit nach Hause genommen. Es werden sicher noch weitere Ausgaben der Frankfurt Digital Finance Lounge folgen. Darauf freue ich mich schon heute – aber zunächst ganz besonders auf die vierte Ausgabe der „Frankfurt Digital Finance“-Flagship-Konferenz am Mittwoch, 8. Februar 2023. Vielleicht sehen wir uns bereits dort.

Corinna Egerer

Founder & Managing Director bei Frankfurt Digital Finance

2 Jahre

Nach dem super Auftakt freuen wir uns auf die nächste gemeinsame Frankfurt Digital Finance Lounge in Kooperation mit Accenture Markus Hamprecht

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