Gesetzesnovelle schützt Honorarnotärzte vor der Scheinselbständigkeit
Bislang bestand eine hohe Unsicherheit über die Qualifikation von Honorarnotärzten als selbständig oder als Arbeitnehmer, zumindest aber als arbeitnehmerähnliche Person, mit der Folge der Sozialversicherungspflicht und Lohnsteuerpflicht - und obendrein einem Strafbarkeitsrisiko. Da zudem nur wenige Ärzte ausschließlich als Honorarnotärzte im Einsatz sind, lehnten die Honorarnotärzte die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ab, weil dies mehr Aufwand und weniger Flexibilität mit sich bringe. Dies hat zu der Ausnahmeregelung geführt, die mit der Reform des Heil- und Hilfsmittelgesetzes (BT-Drucksache 18/11205) beschlossen wurde.
Das Grundproblem
Nach Aussagen von Honorar- und Notärzten sowie Trägern der Rettungsdienste ist eine notärztliche Versorgung vor allem in ländlichen Gebieten und in kleineren Krankenhäusern nur dann sicherzustellen, wenn flexibel einsetzbare Honorar- und Notärzte kurzfristig „hinzugebucht“ werden könnten. Dies geschieht in aller Regel durch hauptberuflich niedergelassene oder im stationären Bereich angestellte Ärzte mittels Honorarverträgen. Gleichwohl gibt es auch Notärztinnen und Notärzte, die ihre Tätigkeit im Rahmen einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nachgehen (BT-Drucksache 18/11142).
In der Praxis gibt es seit geraumer Zeit eine große Unsicherheit bei allen Beteiligten, ob es sich bei den Honorarnotarzttätigkeiten nicht eigentlich um eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung handelt. Zu dieser Unsicherheit trug ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 30. 8. 2016 bei, das diese Tätigkeit in einem Fall als Scheinselbstständigkeit einstufte (BSG, Az.: B 12 R 19/15 B).
Die Feststellung einer abhängigen Beschäftigung mit Sozialversicherungspflicht hat sozial-, arbeits- und einkommensrechtliche Folgen. So muss der Auftraggeber bzw. die Auftraggeberin, mithin der Träger der Rettungsdienste, Sozialversicherungsbeiträge entrichten, in der Regel kommt das Arbeitszeitgesetz zur Anwendung und die Nebenbeschäftigung führt zu höheren Lohnsteuerabgaben. Die Träger der Rettungsdienste, vor allem die Kommunen, können sich zudem strafbar machen, wenn sie vorsätzlich keine Sozialversicherungsbeiträge abführen.
Die Neuregelung
De neuen § 23c SGB IV bestimmt eine Befreiung von der Sozialversicherungspflicht für die Nebentätigkeit von Notärzten. Die Regelung beschränkt sich auf Ärztinnen und Ärzte, die ihre notärztliche Tätigkeit im Rettungsdienst zusätzlich zu einer Beschäftigung mit einem Mindestumfang von 15 Stunden wöchentlich außerhalb des Rettungsdienstes ausüben. Ferner gilt sie für zugelassene Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Ärztinnen und Ärzte, die eine Privatpraxis betreiben, in Bezug auf ihre zusätzliche notärztliche Tätigkeit.
Die Neuregelung des § 23c Abs. 2 SGB IV soll keine Wirkung auf bereits bestehende Vertragsverhältnisse entfalten. Daher bleibt es für Tätigkeiten als Notärztin oder Notarzt, die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des § 23c Abs. 2 SGB IV vertraglich vereinbart worden sind, in Bezug auf die Beitragspflicht zur Sozialversicherung bei dem am Tag vor Inkrafttreten des § 23c Abs. 2 SGB IV geltenden Recht (§ 118 SGB IV). Die Neureglung soll ab 1. 8. 2017 in Kraft treten.