NEUE, ALTE, LEBENDIGE TRADITION

GEDANKEN ECKE 🤔

Unser Alltag ist nichts anderes als ein altbewährtes Gebilde aus aufeinander anreihenden Abläufen mit immer wieder wechselnden Ritualen. Manche von diesen bekamen im Laufe der Zeit ihren besonderen Status und Stellung im Leben der Menschen. Um eigene Verbindlichkeit und gleich auch Zugehörigkeit zu jener oder anderen Kultur zu betonen, nimmt der Mensch die bestimmten Verpflichtungen auf sich, die eine Tradition voraussetzt.

Die Zeiten ändern sich, wie man sie heute empfindet, auch sichtlich schnell. Zumindest in ihrem Äußeren. Doch trotz aller stürmischen Zeiten bleiben Traditionen meistens inhaltlich stabil und stark. Manche blühen sogar auf und bekommen eine erhöhte Aufmerksamkeit von uns, obwohl sie nicht immer angenehm sind.

Wenn z.B. die ewige Frage des morgendlichen Geläuts der Kirchenglocken. Nicht überall klingen sie sanft für das empfindliche Ohr. Die Pegel von kultischem Geläut betrugen je nach Anlass 70 bis 78 dB, jene der Zeitschläge zwischen 54 und 61 dB. Nicht alle Menschen ertragen es und der innere Unfrieden nimmt mit der Zeit zu, mit ihm treten wohl auch die Schlafstörungen ein. Die Gesundheit des Menschen tritt aus der Balance, doch das interessiert besonders die traditionstreuen Menschen nicht. Eine Legitimation des Egos der Tradition. Genau diese Menschen, wenn um ihr Frieden geht, werden sehr laut.

Nehme man ein anderes Beispiel, wenn jemand Suizid begangen hat und damit kein Recht auf einen Platz im Friedhof mit anderen «bürgerlichen». So wie es z. B. die katholische Kirche verlangte. Dieser abscheuliche Akt des Menschen ist unbegreiflich. Man sagt der Tod, macht alle Menschen gleich. Jeder Mensch stirbt seinen eigenen Tod und es liegt nicht an traditionstreuen Menschen und Gesellschaften, die sich das Leben genommen haben auch noch zu verurteilen. Denn, wer weiss, was für ein Leben sie selbst geführt haben.

Tja, das widersprüchliche Wesen des Menschen.

Die Zeiten ändern sich und man hat das Bedürfnis, die Tradition "neu" mit "neuen" Inhalten der auch «neuen» Überzeugung nach auszuschmücken.  Ein gut gemeintes Vorhaben, das auch zu Stande kommen und das Zusammenleben der Menschen neu beleben sowie auch unsere Kultur bereichern soll.

Was die Menschen aber und vielleicht vergessen, dass die neuen Traditionen immer noch die Innovationen von gestern sind.

Das liegt im uralten Phänomen des Kopierens von allem, was und wie der Mensch tut. So wie man es mit illegalen Kopien von Bildern und in der Kunst kennt. Nichts ist neu, nur das Kleid und der Name. Also auch die Tradition lässt sich kopieren. Die Grundidee der Tradition ist unveränderlich und schwierig, zu leugnen. Die Gemeinschaft bestimmt ihr Fortbestehen. Viele Errungenschaften, gerade im Wissen, werden mit der Tradition an die nächsten Generationen weitergegeben. Die Ritualisierungsaspekte machen sie umso attraktiver, denn es geht um die Nachhaltigkeit der Tradition: In den Beziehungen des Menschen zu seiner Kultur, Herkunft und Mitmenschen bedeuten. Vielleicht deswegen halten nicht alle Menschen ihre Traditionen für belastend. Wie es hier bereits erwähnt wurde, ist die Tradition auch mit etwas Negativem verbunden. Dies tut jede Tradition mit ihrem Angestammtem, vorgegebenen, starren Strukturen und Mustern. Nichts Anderes rein zu lassen, nur aufs alte pochen. Genau so wird auch die neu erfundene Tradition sich verhalten. Also die negativen Erfahrungen im Zusammenhang mit der Tradition mehr oder weniger sind vorprogrammiert. Somit lebt auch der Hauptansatz von jeder Tradition wie die Kontrolle der Einhaltung der Regeln der Tradition ist und voraussetzt. Ansonsten ist die Tradition ohne diesen Ansatz ist als solche keine.

Nun warum erfinden die Menschen die «neuen» Traditionen? Ist die Tradition zu träge geworden? Vielleicht auch veraltet und der Zeit nachhinkt. Oder die Menschen selbst sehen sich in einer Sackgasse angekommen und suchen nach neuen Antworten. Schliesslich sollte eine Tradition den Weg in die friedliche Zukunft für die Menschen und die Gesellschaften ebnen, damit auch die jungen Menschen an sie glauben können.

So wie eigentlich es eine Tradition mit sich meint, die Handlungsmustern, Überzeugungen, Glaubensvorstellungen oder das Weitergegebene selbst wie Gepflogenheiten, Konventionen, Bräuche „hinüber-geben“. Das wäre die wahre Aufgabe der Menschen.

©Koisyn Schneider, Autorin, freie Journalistin und etwas mehr….

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