Ein Narzist: Der Ersatz-Gott

Ein Narzist: Der Ersatz-Gott

Narzist, nennt man den Allzu-Selbst-Verliebten. Und die Verbindung zu dem, was solchen Menschen «heilig ist», ist sehr schnell hergestellt: Die Aufmerksamkeit der Anderen ist ihnen äusserst wichtig. Und vor allem: Sie setzen sich selbst an die Stelle des «Heiligen», sie wollen sich gerne als den höchsten Wert gesehen wissen.

Ganz im Ernst: Narzisten suchen Selbst-Erhöhung bis ins Un-Mass. Man könnte auch sagen, sie wollen angebetet werden.

Welche Beziehung wollen wir mit Narzisten haben?

Was aber hat das mit den «Beziehungsebenen unseres Lebens» zu tun, wenn wir so fragen? - Wir stehen auch mit unserer heutigen Betrachtung an der obersten Spitze der Beziehungs-Ebenen der Menschen, und wir fragen – anhand von Beispielen – was ist uns «heilig»?

Heilig, bemerkte jemand vor kurzem zu Recht, heilig bedeutet «abgesondert». Historisch schon sehr früh wird es im Alt-Hebräischen verwendet («kadosch»), dann schon vor rund 2500 im antiken Griechenland als «hagios», später als «sanctus» in der lateinischen Welt, von wo aus das Wort einen immensen Einfluss auf unsere europäische Kultur hatte.

Der Begriff des Heiligen ist aber – im alemannischen Dialekt gedacht – immer mehr «verlumpt», das ist verarmt, für alles Mögliche (und bisweilen auch für das Unmögliche) verwendet. 

Doch kehren wir zum Narzisten zurück, so erleben wir sie gerade auf der weltpolitischen Bühne in grosser Zahl: Die meisten Diktatoren, wollen letztlich «angehimmelt» werden, verehrt, ja geradezu angebetet.

Um das zu erreichen, ist ihnen jedes Mittel recht, jedes. Da braucht, frei nach Macchiavelli, der Zweck die Mittel schon längst nicht mehr zu «heiligen». Genau genommen konnte er das noch nie: schon immer war Mord Mord, Verbrechen Verbrechen und Schuld Schuld. Egal, wer es ausübte oder wer und um den eigentlichen Grund der Dinge täuschte.

Die wichtige Frage ist aber: Welche Beziehung wollen wir zu den Narzisten haben, die uns umgeben und die uns – wenn es dumm läuft – prägen? Wollen wir sie vermeiden oder beugen wir uns sogar ihrem Anspruch und beginnen – auch wenn wir das anders nennen – sie anzubeten?

Die Inszenierung des «Ersatz-Heiligen»

Narzisten setzen sich selbst an die Stelle des Höchsten. Sie wollen das für sich haben, was nur dem wirklich «Heiligen» zusteht. Sie sind unersättlich in ihrer Anbetung. Eine Art schwarzes Narzisten-Loch.

Nur: Sind sie deswegen auch wirklich «heilig»? Dürfen wir ihnen in der von ihnen zumeist vorgeschlagenen (oder erzwungenen!) Weise folgen?  Dürfen, sollen, wollen wir – ich frage das bewusst in dieser Form – dürfen wir Menschen überhaupt anbeten?

Narzisten setzen sich nämlich mit ihrer Sucht angebetet zu werden, ganz gezielt an die Stelle «des Heiligen». Sie wollen in unserem Herzen die ersten sein.

Im antiken Griechenland gab es eine Vorsilbe, die dafür verwendet wurde, etwas zu bezeichnen, dass an die Stelle eines Anderen, des eigentlich Gemeinten, zu stehen kam. Die Silbe war «anti».

 «Anti-«, das bedeutet «stattdessen», oder «Ersatz», ein Substitut. Ein König, und den gab es wirklich, der sich «Anti-Pater» nannte, war ganz wörtlich ein «Ersatz-Vater». Und heute?


Die meisten Diktatoren, oder die, die danach streben, sind so gesehen «Ersatz-Götter»., sie kommen daher als «Ersatz-Erlöser», und scheinen «alles» zu können…. Und hier liegt das Problem! Die Anti-Messiasse, sind – griechisch formuliert – die Ersatz-Gesalbten, oder wörtlich die Anti-Christen… oder eine solche Art, obwohl selbst das für die meisten zu viel Ehre wäre.

Wir schliessen den Kreis: «Heilig» ist «ganz besonders», eigentlich einmalig, und einmalig toll. Menschen, zumindest in Form der Narzisten, taugen dafür nicht.

Unsere Verantwortung

Wenn ich nun behaupte, es sei unsere Verantwortung, ihnen nicht zu folgen, so hat das eine «Rückseite». Denn dann muss ich gleichzeitig fragen: Wem sollen, können wir dann folgen?

Wer oder was kann uns so heilig sein, dass wir unser Leben dagegen setzen? – Ich hoffe, dass es mir in den kommenden Wochen möglich sein wird, diese Frage noch zu vertiefen.

Ramona Schnoor

TÄTER des Wortes sein 💎 nicht HÖRER allein. Etwas Gutes braucht der Mensch.

1 Monat

Das „goldene Kalb“ und der Tanz um selbiges scheint nicht nur Teil der Geschichte der Israeliten zu sein, wenn mich meine Wahrnehmung nicht täuscht, lieber Martin Natterer 🤔

Anne Hohaus

-Herz und Verstand Hand in Hand

1 Monat

Ein blumengeschmückter Pfingstochse...... Götzenanbetung? In narzistischen Nöten.... Verbunden mit dem Überzeitlichen..... Mal die Wahlergebnisse abwarten... Vielleicht werden sie erleuchtet.... Es wäre Ihnen zu wünschen.....

Iris Kaufmann

PhiloLyrik | GEISTreiche DICHTERIN & LEBENSTHEMAtikerin | SEIN-LEBENde (S)IN(N)SPIRATORIN | KREATIVphilosophische Visionen in Wirtschaft, Leben und Arbeit

1 Monat

Martin Natterer und dazu tatsächlich fachlich erhellend und wirklich lesenswert…das Buch von Klaus Eidenschink „Es gibt keine Narzissten! Nur Menschen in narzisstischen Nöten“

Frank Kliemt

Fortiter in re, suaviter in modo

1 Monat

Hoffentlich müssen wir nicht in ein paar Tagen sagen: "Ach, Du heiliger Strohsack!"...

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