#NextProduction im Zeitalter von #Humanisierung, #KI & #Plattformen: Interview mit Ulf Kottig

#NextProduction im Zeitalter von #Humanisierung, #KI & #Plattformen: Interview mit Ulf Kottig

#Stehen wir vor einer Zeitenwende für die Produktion und den Industriestandort Deutschland? Gelingt uns eine neue Wettbewerbsfähigkeit durch Plattform-Ökonomie, KI, IoT & Co.? Die Industrie 4.0 scheint nach über 10 Jahren fast schon Geschichte bzw. Commodity zu sein, formulierte doch einer der Väter der Industrie 4.0, Professor Wahlster, schon vor Jahren eine „Beyond Industrie 4.0“ Vision, die vor allem auf Künstliche Intelligenz setzte. Jetzt scheinen GAIA-X, Industrial Data Space(s) und fast 500 Plattformen einen neuen Meilenstein zu kennzeichnen. Vieles wirkt noch unausgereift, dabei signalisieren zugleich erfolgreiche Lösungsansätze in der Praxis eine Disruption der bisherigen Software- und Produktions-Landschaft.

In unserer Interview-Reihe zu dem Thema #NextProduction beleuchten führenden Köpfe die Treiber, Trends und moderne Lösungsansätze und ihre Potenziale.

Viel Spaß beim Lesen!

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Lieber Ulf Kottig!

1. Treiber der Wandels

Die COVID- wie auch die Suez-Krise haben gezeigt, wie wichtig die Resilienz von Lieferketten ist. Aber auch andere Treiber wie neue Wettbewerber, höhere Kundenanforderungen oder neue technologische Optionen treiben den Wandel. Was sind Ihrer Erfahrung nach in ihrem Wirkungsbereich die wichtigsten Treiber?

Ulf Kottig:

Wir haben uns erst kürzlich im Rahmen unserer strategischen Neuausrichtung über

die wichtigsten Treiberthemen unserer Kunden und ihrer Märkte sehr intensiv Gedanken gemacht und wir sehen primär vier Treiberthemen: steigender Kostendruck, Innovationsgeschwindigkeit, Einfachheit der Customer Experience und nachhaltiges handeln.

Der Kostendruck und die Geschwindigkeit klingt vielleicht gar nicht so neu als Treiber, doch zum Einen hat sich die Dynamik rasant verändert und es gibt eine neue Stoßrichtung aus der Kombination der Beiden. Kosten werde nicht (nur) gesenkt, um am Markt günstiger anbieten zu können, sondern gerade auch im innovativen High-Tech-Mittelstand, um die schnellen Innovationszyklen finanzieren zu können.

Das Thema Einfachheit sehen wir daran, dass eine Generation, die zuhause alles auf Knopfdruck mit dem Mobiltelefon regelt auch in der Firma erwartet, dass keine 800 Seiten Bedienungsanleitung notwendig sind, um eine Stanzmaschine zu bedienen, wenn sie verstehen was ich meine? Der Trend Nachhaltigkeit erklärt sich schon fast von selbst, es reicht heute nicht mehr aus, einen „Sustainability Report“ zu schreiben, es müssen Taten aus Überzeugung folgen, um die Friday-for-Future-Generation für sich zu gewinnen und natürlich das Ziel an sich zu erreichen.

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2. Wichtigste Veränderungen

Wenn Sie die Zukunft der Produktion und insbesondere ihrer Digitalisierung betrachten, was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Veränderungen, die wir heute schon sehen oder in naher Zukunft noch erwarten können? Wo sind die größten Chancen / Potenziale zu realisieren?

Ulf Kottig:

Wir sehen heute mehr und mehr die Wichtigkeit der Daten. Es werden auch schon jetzt viele Daten gesammelt, doch noch nicht systematisch und vor allem werden daraus kaum Erkenntnisse gewonnen.

Beispielsweise aus Daten, die eh anfallen und damit einen guten Prozessüberblick verschaffen, Stichwort Process Mining, werden häufig nicht genutzt um sich mehr Tranzparenz zu verschaffen.

Wir haben in dem Zusammenhang mal ein Eisbergmodell entwickelt und die größten Potenziale der Zukunft stecken nicht in der 2- bis 3-%-Optimierung der bekannten Kennzahlen, sondern dem Aufspüren und Heben von unentdeckten Potenzialen mit Hilfe der digitalen Spurensuche.

Dort sind locker noch 20 bis 30 % und bis zu 70 % Effizienz zu holen.

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3. Der Mensch in der Produktion der Zukunft

Schon vor der Industrie 4.0 wurde Automatisierung als massiver "Job-Killer" gefürchtet, was sich so aber so nicht bewahrheitete. Mit KI und anderen Technologien (IIoT, ...) können wir noch einmal eine ganz neue Qualität von Innovation realisieren. In welcher Rolle wird der Mensch in der Produktion in Zukunft noch von Relevanz sein und was ist dann seine Wertschöpfung? Inwieweit gewinnt oder verliert das Humane in Zukunft?

Ulf Kottig:

Wir glauben nicht an die menschenleere Produktion, ganz im Gegenteil. Das Thema Fachkräftemangel bedroht viel mehr den Produktionsstandort Deutschland. Digitalisierung kann helfen, diese Jobs attraktiver zu machen und vor allem da einzugreifen, wo menschliche Fähigkeiten gebraucht werden. Daraus ergibt sich eine Art Co-Laboration oder Co-Operation für mehr Flexibiltät, Effizienz und Nachhaltigkeit. Die Prozesse sind und bleiben unserer Auffassung nach menschzentriert.

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4. Künstliche Intelligenz

KI wird allgemein als massiver Treiber von Veränderung gesehen bis hin zu teilautonomen Produktionssystemen. Die KI-Realität ist heute hingegen oft noch deutlich undramatischer. Wo stehen wir heute bei der KI bzw. der Smartness der Produktion und was wird KI/AI in den nächsten 10, 20 Jahren tatsächlich leisten können? Wie sieht eine KI-basierte Produktion aus?

Ulf Kottig:

Wir nennen es die Wow + Now Fabrik bzw. das Wow + Now Produkt. Also etwas das begeistert, intelligent mitdenkt und sich permanent weiterentwickelt und das in kurzen Zeitabschnitten. Da diese Intelligenz in der Regel auf Daten basiert spielt hier KI eine entscheidende Rolle.

Allerdings ist KI ein Werkzeug, kein Selbszweck.

Insofern werden wir oftmals KI als Inhalt gar nicht mehr erkennen, sondern es werden Qualitätsoffensiven sein oder eine vereinfachte Bedienung, die wir erkennen und im Hintergrund mit KI realisiert oder zumindest unterstützt wird. Heute steckt bereits in unserem Alltag viel mehr KI in Produkten und Prozessen, als uns bewusst ist, man muss häufig schon sehr genau hinsehen und das werden wir nach dem Hype auch verstärkt erleben.

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5. Plattformen wie GAIA-X oder B2B-Plattformen

Die Logik der Plattform-Ökonomie soll nicht nur im B2C, sondern auch im B2B-Kontext ganz neue Business- und Wertschöpfungsmodelle ermöglichen. Neben GAIA-X als vernetzter Datenstruktur für ein europäisches digitales Ökosystem konkurrieren auch diverse B2B-Plattformen für die Produktion der Zukunft miteinander. Welche Relevanz hat das Thema für Sie, was erwarten Sie von einer Plattform-/Ökosystem-Zukunft der Produktion?

Ulf Kottig:

Wir glauben daran, dass das Produkte zukünftig effizient, flexibel und nachhaltig in Produkionsnetzwerken hergestellt werden.

Gerade kundenzentrierte Innvationen entstehen bei der Zusammenarbeit von unterschiedlichen Disziplinen, beispielsweise Biologie und Technologie um von der Natur zu lernen etc. Dafür bedarf es flexiblen Netzwerken und Platftormen, die diese inspiriernde Zusammenarbeit unterstützen oder zum Teil auch erst ermöglichen. Wir sehen auch die Entwicklung von einigen Produkten hin zu Produkt-Platformen. Gerade wenn ich in Richtung „Pay-per-Use-Modelle“ denke, kann es ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein, das Produkt als offene Plattform mit Mehrwertdiensten auch von Drittanbietern zu positionieren.

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6. PLATTFORMEN wie GAIA-X oder B2B-Plattformen

Wenn Sie über die Zukunft der Produktion und Produktions-IT nachdenken: Was zeichnet sich als großes Bild ab (Industrie X.0?) und welche Rolle spielen dabei MES-Systeme? Wie gelangen wir als Standort Deutschland erfolgreich in die Zukunft?

Ulf Kottig:

Unser Bild ist nicht von 4.0, 4.1 oder 5.0 getrieben, sondern lösungsorientiert.

Um langfristig am Markt und für seine Kunden relevant zu sein ist es notwendig eine flexible, effiziente und nachhaltige Produktion aufzubauen und über Produktionsstandorte hinweg in Netzwerken zu denken.

Das ist für uns die Zukunft. Ein MES wird dort weiterhin eine wichtige Rolle übernehmen, denn diese Funktionen müssen irgendwo abgebildet werden, und daher wird sich die MES-Rolle deutlich verändert, in Netzwerk- und hybriden Strukturen den richtigen Datentransfer sicherstellen, Digital Manufacturing Execution eben!

Herzlichen Dank für das Interview und die Inspiration!

Winfried Felser

Gemeinsam Erfolge durch Ökosysteme schaffen.

3 Jahre

Vielleicht auch alle anderen Autoren informieren? Dann wird der Roundtable noch dialogischer? Vielleicht sogar zweite Runde?

Winfried Felser

Gemeinsam Erfolge durch Ökosysteme schaffen.

3 Jahre

Ulf Kottig ist KULT!

Ulf Kottig

Unlock the #WOW of smart manufacturing connected with a sustainable supply chain #NOW

3 Jahre

In der Tat spannende Fragestellungen, wie wollen wir morgen produzieren und Produkte verwenden? #nachhaltig #effizient #flexible ist jetzt auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so überraschend, aber wie geht das genau, in einer Welt, die sich sehr dynamisch verändert...

Melanie Heinemann

Gemeinsam mit Ökosystemen zur großen Transformation!

3 Jahre
Melanie Heinemann

Gemeinsam mit Ökosystemen zur großen Transformation!

3 Jahre

Herzlichen Dank auch an Sven Bruck: https://lnkd.in/eB3wtJty

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