#weekender

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Liebe Leser*innen,

ein Sommerloch ist nicht wahrnehmbar, wenn es um Nachrichten geht. Deshalb ließ sich auch der heutige #weekender sehr einfach packen.

Das habe ich gelernt!

Jede Bewertung muss in den richtigen Kontext gesetzt werden. So sind die vom PSA-Konzern präsentierten Zahlen mit Blick auf die Folgen durch Corona beachtlich. Schließlich konnte Carlos Tavares vermeintlich positive Zahlen präsentieren: Der auf den Konzern entfallene Nettogewinn betrug 595 Millionen Euro. Allerdings waren es in der Bilanz zuvor noch über 1,8 Milliarden Euro. Beim Umsatz musste PSA allerdings einen Einbruch im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 35 Prozent hinnehmen.

Alle Konzernmarken mussten zudem einen Absatzeinbruch hinnehmen. So hat wohl vor allem das Spardiktat von Chef Tavares geholfen, die schwarzen Zahlen zu erreichen. Doch auch Sparsamkeit hat seine Grenzen. Zumal die Tochter Opel einen extremen Rückgang bei der Nachfrage zu spüren bekam: Im ersten Halbjahr wurden nur noch gut 266.000 Autos der Marken Opel und Vauxhall verkauft, was einem Absatzrückgang von 53 Prozent entsprach. Aua! Da trösten auch nicht 111 Millionen Euro, die beide Marken zum PSA-Betriebsergebnis beisteuerten. Denn Opel verliert immer mehr an Boden.

Dabei dürfte der Druck künftiger interner Schwestern die Lage nochmals verschärfen. Denn trotz Corona und einigen Widerständen der Brüsseler Wettbewerbshüter will PSA die große Hochzeit mit Fiat Chrysler Automotive. Heißt: Da kommen Marken wie Fiat und Alfa Romeo mit an Bord, die um die Gunst der gleichen Kunden werben. Das ramponierte Image der Rüsselsheimer ist da eher hinderlich Denn das ist wohl: Technisch sauber, aber wenig emotional. So wird man sich an einem schrumpfenden Markt wohl nicht auf Dauer behaupten können! Das ist dann der langfristige und somit entscheidende Kontext.

Das hat mich überrascht!

Wenn das Kerngeschäft trotz Coronakrise läuft, kann man doch gleich auch über neue Geschäftsmodelle nachdenken. Diesen Eindruck konnte man zumindest bei der Lektüre des Twitter-Accounts von Tesla-Gründer Elon Musk diese Woche gewinnen. Unbeeindruckt von den Bekundungen der deutschen OEMs, die wie Audi zum amerikanischen Wettbewerber nun aufholen wollen, kündigte Musk auf seinem Lieblingsmedium an, dass man sich nicht nur auf das Herstellen von Fahrzeugen beschränken müsse.

Vielmehr könne er sich vorstellen die viel gelobte Software aus eigenem Haus auch gegen Lizenzgebühr für andere zu öffnen. Und auch die Rolle als Zulieferer für Antriebe und Batterien könne seine Firma einnehmen. Im Prinzip will er damit jene Breite abbilden, die der VW-Konzern mit der schon viele Jahre bestehenden Komponente und der nun aufwendig im Aufbau befindlichen Software-Einheit bietet. Nur, dass man Tesla hier wieder eine höhere Geschwindigkeit zutrauen darf.

Vor allem Zulieferer, die wie ZF gerade der Verbrennertechnik abschwören und sich beim Antriebsgeschäft rein auf E-Komponenten und -Systeme fokussieren wollen, dürften aufhorchen. Natürlich ist der Wechsel in die Zuliefererrolle nicht ganz so trivial. Aber Musk hat auch niemand zugetraut, mit seinem Raketenprojekt zum wichtigsten Partner der NASA zu werden. Und es wäre sicher eine Genugtuung für ihn, wenn irgendwann Hersteller, die Tesla immer als technisch eher schwach eingeordnet haben, nun zu Abnehmern seiner Produkte werden.

Aber natürlich ist das kein kurzer Weg und Elon Musk agiert eben auch immer an der Grenze zur Überheblichkeit, wenn er im selben Tweet erklärt, dass „man keine Wettbewerber zerstören“ wolle. Vielleicht sollte das für die hiesigen Hersteller und Zulieferer als zusätzlicher Ansporn gelten.

Das war besonders kurios!

Prevent war schon vor den neuesten Enthüllungen bei Volkswagen ein rotes Tuch. Seit Jahren schon streitet sich Volkswagen mit dem Zulieferer, dem es im Jahr 2016 sogar gelang, die Bänder in Wolfsburg und anderen Werken tagelang zum Stillstand zu bringen. Es mangelte an Sitzbezügen und Getriebegehäusen von Prevent-Töchtern. Wehr- und ehrenhaft möchte man meinen, denn Prevent wollte den ständigen Preisdruck des Wolfsburger OEM nicht mehr mitgehen.

Allerdings ist das „ehrenhaft“ eher mit Vorsicht zu genießen. Denn wie nun bekannt wurde, hatte eine Person die Gespräche einer internen Arbeitsgruppe bei Volkswagen heimlich über längere Zeit mitgeschnitten: Von Fast 50 Stunden Audiomitschnitt in den Jahren 2017 und 2018 berichtete das Online-Wirtschaftsmagazin „Business Insider“. Wobei auch die Aufgabe der besagten Arbeitsgruppe wenig „ehrenhaft“ war: Den aufmüpfigen Zulieferer loswerden.

Verantwortung für das Team hatten der damalige und berühmt berüchtigte Konzern-Einkaufschef Francisco Javier Garcia Sanz und der Beschaffungsvorstand der Marke Volkswagen, Ralf Brandstätter, der nun seit kurzem die Kernmarke VW Pkw leitet. Prevent wurde letztlich als Zulieferer „ausgesteuert“. Aber unter anderem soll das Gremium auch diskutiert haben, wie man die Übernahme des Kopfstützen- und Mittelkonsolenherstellers Grammer durch die Prevent-Eignerfamilie Hastor verhindern könnte. Dazu sollen unter anderen auch Daimler und BMW angesprochen worden sein. Die Wettbewerbshüter dürften da aufhorchen!

Der Spitzel in den eigenen Reihen wurde laut „Handelsblatt“ übrigens überführt: Es handle sich um einen Manager aus der Beschaffungsabteilung der Wolfsburger. Da stellt sich schon die Frage nach der Ursache für diese Spitzelei. Prinzipiell könnte man von Geld ausgehen. Aber das Risiko und die mögliche Strafe dürften am Ende nicht im Verhältnis zu der zu erhaltenen Belohnung stehen. Und Prevent widerspricht vehement, an dem Abhörskandal beteiligt gewesen zu sein. Die Aufarbeitung wird sicher noch ein wenig andauern. Kurios ist die Geschichte allemal!

Ihnen wünsche ich ein sonniges Wochenende!

Ihr

Christian Otto

 

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