Autonome Teams aufbauen in 5 Schritten – so gelingt es
Autonome Teams - Kollaboration und Eigenverantwortung kann zusammen Berge versetzen. (Picture: ChatGPT)

Autonome Teams aufbauen in 5 Schritten – so gelingt es

Die Macht der Selbstbestimmung für wettbewerbsfähige Arbeitsmodelle nutzen

Autonome Teams sind der Schlüssel zu gelebter Selbstbestimmung am Arbeitsplatz. Sie ermöglichen es Mitarbeitern, eigene Ziele mit ihrem Jobprofil zu verknüpfen und praktische Kompetenzen auszubauen. Innovative Business-Lösungen entstehen in agiler Zusammenarbeit zwischen operativer Ebene und Top Management. Wenn Unternehmen verstehen, welchen großen Mehrwert autonome Teams für eine hohe Wettbewerbsfähigkeit bieten, investieren sie in Kollaboration und Eigenverantwortung ihrer Mitarbeiter.

Warum die Entscheidungskompetenz vom Management in autonome Teams verlagern? Um eine Arbeitsumgebung zu schaffen, in der Perspektivwechsel und flexible Änderungen Kernkompetenzen sind. Projekte benötigen klare Anforderungen, um Aufgaben für die Entwicklung von Produkten oder Dienstleistungen zu spezifizieren. Wurden dafür früher umfassende Anforderungsananlysen für eine Vielzahl an Features übergeben und dann in einem Wasserfallmodell umgesetzt, funktioniert dies in einem volatilen Marktumfeld nicht mehr. Denn die klassische Anforderungsübergabe ist ein lineares und dokumentenbasiertes Vorgehen, bei dem Feedback oder Anpassung nicht vorgesehen ist. In einem von starkem Wettbewerb geprägten digitalen Ökosystem zählen aber die Orientierung am Usernutzen, schnelle Time-To-Market und Produkte, die Änderungen ohne viel Aufwand anpassen können.

1. Zyklisches Arbeiten in Iterationen einführen – Kollaboration

Das kollaborative, iterative Arbeiten ist ein zyklisches Vorgehen, bei dem strategische oder prozessuale Anforderungen in kurzen Schleifen getestet, überprüft und verbessert werden. Statt hierarchischer Struktur und Delegation von Aufgaben bestimmen in diesem Arbeitsmodell Selbstorganisation und wechselnde Rollen den Arbeitsalltag – beste Voraussetzungen für autonome Teams. Kollaboratives Arbeiten kann kreative Potentiale für Unternehmen besser heben, weil es kurze Lernkurven hat und neue Erkenntnisse schnell in den Arbeitsalltag integrieren kann.

Kundenzufriedenheit und Produktqualität können so schneller erhöht werden, da strategische Ausrichtung, Business Analyse und technische Umsetzung keine getrennten Verfahren sind: Sie werden nicht von gesonderten Abteilungen in nachgelagerter Arbeitsteilung erstellt, sondern finden kontinuierlich parallel statt und werden gemeinsam von der Unternehmens-Community bei Bedarf angepasst.

Eine enge Verzahnung von Management- und Operationsebene begünstigt die Wettbewerbsfähigkeit eines Unternehmens und unterstützt die Business Transformation hin zu einem Geschäftsmodell, das im digitalen Plattform-Ökosystem bestehen kann. Darüber hinaus können Mitarbeiter motiviert und langfristig an das Unternehmen gebunden werden, indem sie statt „Bullshit Jobs“ sinnhafte Tätigkeiten erleben, bei denen sie zugleich gefördert und gefordert werden.

2. Strategie und digitale Tools bereitstellen – Framing

Damit Teams autonom entscheiden können, müssen strategische Leitlinien aufgestellt werden. Diese können auf unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens angesiedelt sein – wichtig ist, dass sie konsequent bis zur operativen Ebene heruntergebrochen werden. Regelmäßige Kommunikation zwischen den Hierarchiebenen ist essentiell, damit Mitarbeiter kontinuierlich die aktuellen Rahmenbedingungen erfahren. Nur so können sie den kurzfristigen und langfristigen Entscheidungshorizont einschätzen, auf den sie ihre Meilensteine und Roadmaps ausrichten sollten.

Bewährt haben sich dafür zum Beispiel Product Principles: Product Principles geben Leitlinien, ohne genau operative Vorgaben an das „Wie“ zu machen. Sie setzen eine möglichst engen Rahmen zur eigenständigen Entscheidungsfindung, indem sie klare Vorgaben zur Priorisierung von Projekteinheiten oder Arbeitsschritten geben. 

Auf übergeordneter Ebene können zum Beispiel unternehmensweite „Leading Principles“ dem gesamten Unternehmen einen Orientierung bieten, indem sie gewisse erstrebenswerte Verhaltensweisen und kulturelle Werte in den Vordergrund stellen. Statt eine Top-Down-Kommunikation empfiehlt sich eine Vergemeinschaftung dieser Prinzipien in Workshops, damit alle dasselbe Verständnis haben. 

Neben strategischen Leitlinien ist eine fokussierte Interaktion wichtig, die zielgerichtet verläuft. Wie kann eine abgestimmte Kommunikation zwischen Teams mit hoher Agilität erreicht werden? Ein Werkzeug für die Verbesserung der Aufbauorganisation sind Teamtopologien – sie helfen bei der Analyse der Teamaufstellung und der Systemarchitektur. Teamtopologien definieren das Design einzelner Teams. Dazu werden vier Archetypen von Teams angenommen: wertstromorientierte Teams, Platform-Teams, Teilkomponenten-Teams und Befähiger-Teams. Diese interagieren in bestimmten Mustern miteinander, die je nach Abhängigkeit eher co-kreativ, kooperativ oder unterstützend zusammenarbeiten. Diese Einsichten können helfen, die Kommunikation schlanker und die Teamzusammensetzung innerhalb der einzelnen Teams passgenauer zu gestalten.

Unerlässlich für eine kollaborative Zusammenarbeit sind digitale Tools. Sie erleichtern die Kommunikation zwischen den Teammitgliedern, auch wenn diese räumlich getrennt sind. Darüber hinaus ermöglicht entsprechende Software die Visualisierung und das Brainstorming von Ideen auf einem virtuellen Whiteboard. Mitarbeiter können gemeinsam an Visionen, Roadmaps und Szenarien arbeiten, so dass diese als Dokumentation stets aktuell und transparent den letzten Arbeitstand an einem Ort gesichert wiedergeben. 

3. Übernahme von Verantwortung fördern – Mündigkeit

Kollaboratives Arbeiten in autonomen Teams begünstigt die synergetische Einbeziehung aller Mitarbeiter zur Hebung innovativen Potentials. Eine innovative Denkweise erfordert den Mut zum selbstständigen Ausprobieren neuer Prozesse und Ideen, die sich außerhalb der gewohnten Regeln befinden. Dies setzt einerseits ein Bewusstsein für hohe Selbstorganisation und Lernbereitschaft und im Kontext der Plattformökonomie für digitale Mündigkeit im Besonderen voraus.

Übernahme von Verantwortung funktioniert nur in einer Vertrauenskultur, die den Schritt ins Ungewisse belohnt. Nur wer weiß, dass er bei Fehlern keine Schuld bekommt, kann auch Entscheidungen treffen, die möglicherweise nicht zum gewünschten Erfolg führen. Das Unternehmen muss in Vorleistung gehen, um den Freiraum zu schaffen. Dazu gehören flexible Arbeitszeiten, die Arbeit und Freizeit bzw. Familie vereinen. Dazu kann auch gehören, den Teams möglichst viel Mitsprache über ihre eigene Arbeitsgestaltung zu geben, z. B. können Teams selbstbestimmt entscheiden, wie und wo sie arbeiten, welche Methoden sie verwenden etc. 

Mitarbeiter sollten außerdem in unternehmerischer Denkweise geschult werden, so dass sie lernen, über die Grenzen ihrer fachlichen Verantwortlichkeit oder ihrer Abteilung hinauszublicken. In End-to-End-Prozessen denken hilft einen generalistischen Blick dafür zu bekommen, was Entscheidungen im eigenen Bereich für Auswirkungen auf das gesamte Unternehmen haben.

4. Kritisches Denken etablieren – Feedback

Eine gelebte Feedback-Kultur fördert die intrinsische Weiterentwicklung von Mitarbeitern. Sie ist ein wichtiges Element zu gemeinsamen Lernen und Wachsen in autonomen Teams. Feedback beinhaltet das Bewerten von vergangenem Verhalten Anderer aus der eigenen Rolle heraus. Wie habe ich die Zusammenarbeit wahrgenommen und was war für das Voranbringen der eigenen Rollenziele förderlich oder hinderlich? Hierbei geht es nicht um richtig oder falsch, sondern darum, die Zusammenarbeit so effektiv und reibungslos wie möglich zu gestalten. Psychologisch ist es dabei hilfreich, wenn sich das Feedback auf Learnings für die zukünftige Arbeit fokussiert anstatt einseitig gemachte Fehler zu kritisieren. 

Solche Feedback-Runden können außerhalb der eigentlichen operativen Tätigkeiten in Retrospektiven stattfinden. Eine wichtige Voraussetzung für das Geben und Annehmen von qualitativ hochwertigem Feedback ist eine Haltung, die statt Konformismus und Anpassung kritisches Denken in den Vordergrund stellt. Mitarbeiter sollten im Perspetivwechsel geschult werden, so dass sie Probleme aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten lernen. Dies hilft nicht nur, eine umfassendere Kenntnis eines Gegenstands zu erlangen, sondern fördert auch die Sensibilität und Bereitschaft, vordergründig unliebsame Argumente oder Meinungen besser zu verstehen und schlechte Routinen zu durchbrechen. 

5. Teilen von Wissen ermöglichen – Sharing und Mentoring

Eine entscheidende Komponente für den Erfolg autonomer Teams liegt im regelmäßigen Austausch von Wissen und Erfahrungen. Die Schaffung einer Wissensdatenbank bietet eine strukturierte Möglichkeit, Informationen zu sammeln und zu teilen. Dabei ist es wichtig, nicht nur innerhalb der Teams, sondern auch über Fachgrenzen hinweg zu agieren. Das Überwinden von Silos ermöglicht einen ganzheitlichen Blick auf Herausforderungen und fördert die Entstehung innovativer Lösungsansätze. Neben Schulungen kann die Schaffung eines Mentorenprogramms für neue, aber auch bestehende Mitarbeiter Wissenstransfer innerhalb des Unternehmens verbessern. Erfahrene Mitarbeiter können ihr Fachwissen weitergeben und den Einstieg neuer Teammitglieder oder die Übernahme einer neuen Rolle erleichtern.

Eine unterstützende Lernkultur ist von zentraler Bedeutung. Autonome Teams sollten ermutigt werden, kontinuierlich voneinander zu lernen und sich weiterzuentwickeln. Dies kann durch regelmäßige Feedback-Sessions, gemeinsame Projektreviews und den Austausch bewährter Praktiken erfolgen. Auch übergreifend sollten Teams voneinander lernen können – dies kann durch unternehmensweite Lernsessions geschehen, in denen Teams Projekterfolge oder andere wertvolle Erfahrungen teilen.


Zuerst veröffentlich auf: Morethandigital.info


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