Das jährliche Mitarbeitendengespräch

Das jährliche Mitarbeitendengespräch

Chance oder lästige Pflicht? Unser Projekt in der Marienhaus GmbH

In der aktuellen Arbeitswelt, unter anderem aufgrund des Fachkräftemangels, wird die Ressource Zeit immer knapper. Bei nicht wenigen Führungskräften führt dies dazu, dass sie für ihre Führungsaufgaben fast gar keinen Raum innerhalb der Regelarbeitszeit mehr finden. Und dennoch führen einige Unternehmen mit unserer Hilfe neue, zeitintensive Formate für die jährlichen Mitarbeitenden Gespräche ein und verpflichten ihre Führungskräfte, diese auch durchzuführen. Wie passt das zusammen? Ein Kurzbericht aus unseren Entwicklungsprojekten in der Marienhaus GmbH.

Die Bindung und das Recruiting von Mitarbeitenden wird immer wichtiger, denn aus dem Arbeitgebermarkt ist längst ein Arbeitnehmermarkt geworden. Die Gründe dafür liegen unter anderem am demografischen Wandel und dem daraus resultierenden Fachkräftemangel.  Mitarbeitende vieler Branchen z. B im Handwerk, im Gesundheitswesen, der Bildung können aktuell unter verschiedenen Arbeitgebern wählen.

Die Kriterien, die diese Entscheidung maßgeblich beeinflussen sind das Arbeitsklima, die Art der Führung, Transparenz und Mitentscheid. Die Bezahlung rangiert häufig sogar hinter diesen Kriterien.

„Das alles waren Gründe, die uns bewogen haben, das Mitarbeitenden Jahresgespräch mit Unterstützung durch ifsm bei uns unternehmensweit (ca. 14.000 Mitarbeitende) einzuführen.“ sagt Carola Badenheim, Leiterin der Personalentwicklung der Marienhaus GmbH.

„Längst haben die Formate wie Mitarbeitendenjahresgespräch oder Entwicklungsdialog, das veraltete Beurteilungs- und Fördergespräch abgelöst. Hier geht es nicht mehr darum, dass die Führungskraft den Mitarbeitenden beurteilt und eine Rückschau auf die vorangegangene Arbeitsleistung vornimmt. Das Mitarbeitenden Jahresgespräch bietet Führungskraft und Mitarbeitenden vielmehr einen „Rund-Um-Blick“ auf den Arbeitsplatz, die Arbeitsbeziehungen und die Performance und Ziele. Es ist somit eine Art Metareflexion des gemeinsamen Arbeitsraums und hat zukünftig einen hohen Stellenwert im Führungsalltag.“

Ziele dieser Gespräche im Einzelnen sind:

  • dialogischer Austausch mit den Mitarbeitenden über die Motive und Präferenzen des  Mitarbeitenden (was liegt mir, was weniger?)
  • Raum für das Erleben der aktuellen Zusammenarbeit, auch die Führungskraft betreffend. Diese Art des beiderseitigen Feedbacks – also auch von Mitarbeitenden an die Führungskraft ist neu und für beide Seiten eine Herausforderung
  • das Reflektieren der Arbeitssituation, der zur Verfügung stehenden Zeit und Ressourcen
  • und schließlich ist auch hier Platz für einen gemeinsamen Dialog über die Zukunft und die gemeinsamen Entwicklungsziele.

Damit dieser Dialog gelingt, braucht es neben den Feedbackregeln auch aktives Zuhören, das bedeutet, die Führungskraft reduziert ihren Redeanteil, hört zu, fragt konkret nach und vermeidet es, selbst Vorschläge zu machen. In manchen Unternehmen schulen wir auch die Mitarbeitenden zur Vorbereitung dieser Gespräche, denn beide Parteien sollen ja auch das Gespräch „führen“.

Dennoch kommt es auf die interessierte, fragende Haltung der Führungskraft an, diese gibt den Mitarbeitenden die Möglichkeit, Lösungen selbstverantwortlich zu reflektieren und so ihre Arbeit mitgestalten zu können.

Mitarbeitende erleben die Zeit, die ihnen einmal im Jahr für einen gleichwertigen Austausch über Aktuelles und das kommende Jahr geschenkt wird, als wertschätzend.

Die Einführung des Mitarbeitendenjahresgespräch erfolgt zurzeit unternehmensweit mit Hilfe von eintägigen Schulungen für die Führungskräfte. Die Mitarbeitenden können sich für ihre Vorbereitung Schulungsfilme anschauen und haben vor Ort eine:n Ansprechpartner:in für persönliche Fragen, wenn Sie sich bei der Vorbereitung auf das Jahresgespräch noch unsicher sind.

„Das Mitarbeitendenjahresgespräch ist ein weiterer wichtiger Baustein, um das Führungsleitbild in unserem Unternehmen weiter umzusetzen und damit auch einen Paradigmenwechsel in der Führung in unserem Unternehmen zu erreichen. Uns ist eine Führung auf Augenhöhe in unseren Einrichtungen wichtig, denn gutes Recruiting beginnt bei der Mitarbeitendenbindung“ sagt Sebastian Spottke, CEO der Marienhaus GmbH.

Kritiker:innen dieser Art von Gesprächen verwechseln manchmal Austausch mit Wunscherfüllung. Es geht aber darum, Grenzen transparent zu machen und innerhalb des Rahmens und der vorhandenen Ressourcen konstruktiv zu agieren. Betroffene zu Beteiligten zu machen, ist eine wesentliche Form des Mitentscheidens und wirkt bindend. Damit ist das Mitarbeitendenjahresgespräch eine sehr gute Investition in die Arbeitgeberattraktivität eines Unternehmens. Gerade in diesen Zeiten, sollte man sich dafür Zeit nehmen – auch wenn oder gerade weil die Zeit knapp ist.

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Elisabeth Meyer-Siemon

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1 Jahr

Starker Artikel! "Betroffene zu Beteiligten zu machen, ist eine wesentliche Form des Mitentscheidens und wirkt bindend." - das kenne ich als Mutter als in Bezug auf das Miteinander in der Familie. Ein tolles Gefühl für alle Seiten, wenn es gelingt.

Mario Porten

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1 Jahr

Wer Mitarbeitergespräche als lästige Pflicht empfindet oder sie so gestaltet, dass die Mitarbeitenden dieses Gefühl haben, hat als Führungskraft den falschen Job.

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