Vielfalt der Generationen in der Zusammenarbeit – Herausforderungen und Erfolgsfaktoren
„Boah…wie ticken DIE denn?“ Von Gen Z bis hin zu Baby Boomer. Derzeit arbeiten in den Unternehmen vier verschiedene Generationen Seite an Seite: Von 20-jährigen bis hin zu 65-jährigen. Hier prallen Lebensentwürfe, Ziele und Arbeitseinstellungen aufeinander.
Ist das nur anstrengend oder kann sich das auch lohnen?
Schwierig kann es werden, wenn es zu Konflikten wie im folgenden Beispiel kommt. In einem Team gibt es einen Konflikt zwischen Sabine, 53, und Laura, 24. Während Laura Ideen per E-Mail austauschen möchte, bevorzugt Sabine das persönliche Gespräch. Dies führt zu Spannungen, da Sabine sich von E-Mails überflutet und Laura sich zurückgewiesen fühlt. Solche Konflikte können anstrengend sein.
Die Zusammenarbeit in altersdiversen Teams hat allerdings viele Vorteile. Sabine und Laura bringen z. B. Unterschiede in ihren Erfahrungen, ihrem technischen Know-how und ihren Perspektiven mit. Folgende 5 Gründe sprechen für mehr Altersdiversität in Unternehmen:
1. Unterschiedliche Kommunikationsstile fördern die Flexibilität und Vielfalt im Austausch untereinander und führen zu mehr Erfolg in der Ansprache von unterschiedlichen Kunden und Kundinnen.
2. Studien zeigen, dass altersgemischte Teams die Produktivität und Leistungsfähigkeit eines Unternehmens steigern.
3. Die Vielfalt der Erfahrungen fördert die Innovationsfähigkeit. Durch die unterschiedlichen Perspektiven können bessere Entscheidungen getroffen werden.
4. Generationenübergreifende Teams können die Mitarbeiterbindung und -loyalität erhöhen, wie Studien belegen.
5. Gegenseitiges Mentoring führt dazu, dass sich ältere Mitarbeitende gebraucht und wertgeschätzt fühlen. Im Reverse Mentoring können jüngere Kollegen und Kolleginnen ihre Skills und Perspektiven weitergeben und in einen Austausch auf Augenhöhe gehen.
Was aber macht die verschiedenen Generationen aus?
Der Generationenbegriff wurde durch den Soziologen und Philosoph Karl Mannheim in den 1920er Jahren geprägt. Er ging davon aus, dass Menschen vor allem in ihrer Jugend stark von gesellschaftlichen Verhältnissen und Ereignissen geprägt werden. Durch diese Prägung würden sie auffallend viele gemeinsame Werte, Einstellungen und Verhaltensweisen entwickeln. Vor allem in Krisen- und Kriegszeiten wirke sich diese Prägung stark aus.
Generationen werden demnach nach Geburtsjahrgängen zugeordnet:
Baby Boomer:
- 1956 – 1965
- Geprägt durch die Nachkriegszeit und den wirtschaftlichen Aufschwung.
- Legen Wert auf Hingabe zur Arbeit und Loyalität gegenüber dem Unternehmen.
- Schätzen traditionelle Arbeitsstrukturen und stabile Karrieren. Schwerpunkt liegt auf finanzieller Sicherheit und beruflichem Erfolg. Schätzen Anerkennung und Respekt in der Arbeitswelt.
Generation X:
- 1966 – 1980
- Geprägt durch den Aufstieg der Technologie und wirtschaftliche Unsicherheiten.
- Legen Wert auf Work-Life-Balance, Unabhängigkeit und Flexibilität.
- Schätzen flache Hierarchien, Flexibilität am Arbeitsplatz und eine klare Trennung zwischen Arbeit und Privatleben. Anerkennung der individuellen Leistung und Freiheit in der Arbeitsgestaltung sind wichtig.
Generation Y/Millennials:
- 1981 – 1994
- Aufgewachsen in einer digitalen Ära mit einem Fokus auf Technologie und sozialen Wandel.
- Legen Wert auf Sinnhaftigkeit bei der Arbeit, persönliche Entwicklung und Flexibilität.
- Schätzen ein offenes und transparentes Arbeitsumfeld, regelmäßiges Feedback, und die Möglichkeit zur beruflichen Weiterentwicklung. Teamarbeit, eine positive Arbeitskultur und die Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben sind wichtig.
Generation Z:
- 1995 – 2010
- Geprägt durch die vollständige Integration digitaler Technologien und sozialer Medien in ihr Leben.
- Legen Wert auf Vielfalt, soziale Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.
- Schätzen Flexibilität am Arbeitsplatz, eine offene Kommunikation, die Möglichkeit zur Mitgestaltung und eine klare Verbindung zwischen ihrer Arbeit und den Werten des Unternehmens. Online-Präsenz und die Möglichkeit zur Selbstentfaltung sind wichtige Aspekte in der Arbeitswelt.
Die Einteilung nach Geburtsjahrgängen ist sehr starr und theoretisch. Hat jemand, der 1980 geboren wurde, wirklich andere Einstellungen und Werte zur Arbeit als jemand, der 1981 geboren wurde? Die Übergänge sind fließend und oft schwer zu definieren.
Warum uns diese Einteilung trotzdem hilft.
Unser Gehirn verarbeitet Informationen, indem es sie kategorisiert. So können wir uns Dinge leichter merken. Es ist also menschlich, dass wir auch beim Thema Generationen versuchen, Informationen in Schubladen zu stecken. Doch wer will schon ein „Schubladendenker“ sein? Die Kunst besteht darin, die eigenen Schubladen zu erkennen, zu hinterfragen und aufzubrechen.
Bereit für ein Gedankenexperiment?
Dann nimm dir 10 Minuten Zeit. Schreibe alles auf, was dir zu jeder Generation einfällt. Sei radikal ehrlich, schreibe alle deine Vorurteile auf - egal ob positiv oder negativ - und nimm kein Blatt vor den Mund. Es muss ja niemand deine Notizen lesen.
Hinterfrage nun, was du aufgeschrieben hast:
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- Welche deiner notierten Vorurteile hast du tatsächlich schon einmal in der Praxis erlebt? Wenn ja, mit wem und in welcher Form?
- Welche Erfahrungen hast du mit Menschen verschiedener Generationen gemacht?
- Woher stammen deine Vorurteile gegenüber bestimmten Generationen?
- Hast du diese Vorurteile schon einmal hinterfragt?
- Bist du offen für neue Erfahrungen und Sichtweisen?
Vielleicht können wir uns im Folgenden darauf einigen, vom „Phänomen Generationen“ zu sprechen. Wie bei jedem Phänomen kann und muss das Erzählte hinterfragt werden.
Neben unterschiedlichen Werten, Bedürfnissen und Erwartungen gibt es aber auch viele Berührungspunkte zwischen den Generationen. Damit generationsübergreifende Teams erfolgreich zusammenarbeiten können, brauchen sie zwei Dinge: den Fokus auf das Verbindende und das ehrliche Interesse, den anderen zu verstehen. So entstehen Wertschätzung, Austausch auf Augenhöhe und damit auch wirtschaftlicher Erfolg.
Wie können Teams nun von den Vorteilen der Generationenvielfalt profitieren?
Bist du bereit für ein weiteres Experiment, um genau dieses Beziehungsmanagement in deinem Team zu verbessern?
Wähle eine Person aus deinem Team aus und finde heraus, was dieser Person wichtig ist. Das kannst du zum Beispiel mit folgenden Fragen tun, die dir helfen, ein Bild von den Werten dieser Person zu bekommen:
- Wie sieht dein perfekter Arbeitstag aus?
- In welche Jahreszeit fällt dieser Arbeitstag?
- Wann beginnt und endet der Arbeitstag?
- Arbeitest du zu Hause oder im Büro?
- usw.
Stelle so viele Fragen wie möglich - auch detaillierte Fragen. Welche Werte hörst du raus? Vielleicht denkst du jetzt: "Das frage ich lieber nicht, wer weiß, welche Antworten ich bekomme!“. Keine Sorge, es geht nicht darum, blind alle Wünsche zu erfüllen. Es geht darum, ehrliches Interesse zu zeigen, die Beziehung zu stärken und das gegenseitige Verständnis zu fördern. Auf der anderen Seite kannst du den Austausch nutzen, um zu kommunizieren: „Ich höre dich und gleichzeitig kann ich aus bestimmten Gründen nicht alle Wünsche erfüllen“. Das schafft Transparenz.
Die Ergebnisse einer aktuellen Studie zum Thema New Work zeigen, dass sich die Generationen in ihren Vorstellungen vom idealen Arbeitsplatz hinsichtlich Kommunikation, Wertschätzung und Flexibilität ähneln. Eine offene, ehrliche und respektvolle Kommunikation, Transparenz in Bezug auf Themen sowie eine deutliche Wertschätzung durch die Führungskraft sind für alle Generationen wesentliche Merkmale eines idealen Arbeitsplatzes.
Wie kann diese Kommunikationsebene im Team gefördert werden?
- Interaktive Workshops oder Trainings z. B. zu den unterschiedlichen sowie den gemeinsamen Werten und Bedürfnissen im Team
- Gegenseitige (Reverse) Mentoring Programme zwischen jüngeren und älteren Kollegen und Kolleginnen
- Gelebte Teamarbeit und Teambuilding-Aktivitäten, denn Spaß ist für alle wichtig und nicht nur für bestimmte Altersgruppen
- Regelmäßige (gegenseitige) Feedback-Gespräche schaffen Klarheit sowie Motivation und Konflikte können frühzeitig erkannt werden
- Flexible Arbeitsmodelle erkennen die individuellen Bedürfnisse an
Lust auf mehr Einblicke in das Thema? Dann komm zu unserem ifsm Kongress im November. Im Workshop „Beyond Labels: Beziehungsgestaltung in Unternehmen zwischen den Generationen“ geht es darum, Klischees aufzubrechen und ein erfolgreiches Beziehungsmanagement im Generationenmix zu fördern. Wir werfen einen Blick hinter die Vorurteile und begeben uns auf den Weg zum Verständnis und zur effektiven Zusammenarbeit zwischen den Generationen.
Anna Teifel
Trainerin & Coach
Quellen:
Jobst-Jürgens, Vanessa: New Work. Was relevante Arbeitnehmergruppen im Job wirklich wollen – eine empirische Betrachtung. Springer Gabler Verlag, 2020.
Hurrelmann, Klaus/Albrecht, Erik: Generation Greta. Was sie denkt, wie sie fühlt und warum das Klima erst der Anfang ist. Beltz Verlag, 2020.
Tavolato, Peter. Aktives Generationen-Management: Ressourcen nutzen - Mitarbeiter führen - Teams entwickeln. Schäffer-Poeschel, 2016.
Schäffer-Poeschel Verlag, 2016.Klaffke, Martin (Hrsg.): Generationen-Management. Konzepte, Instrumente, Good-Practice-Ansätze. Springer Gabler Verlag, 2014.