Das Leistungsverweigerungsrecht nach Art. 82 OR im Baurecht: Ein wichtiger Baustein für Ihre rechtliche Strategie
Im komplexen Gefüge des Baurechts ist es entscheidend, alle rechtlichen Instrumente zu verstehen und geschickt einzusetzen. Ein oft unterschätztes Instrument ist das Leistungsverweigerungsrecht nach Art. 82 des Schweizerischen Obligationenrechts. Für Unternehmer und Besteller kann das Verständnis dieses Rechtsinstruments den Unterschied zwischen einem erfolgreichen Projekt und langwierigen Rechtsstreitigkeiten ausmachen.
Das Leistungsverweigerungsrecht gibt einer Partei in einem synallagmatischen Vertrag das Recht, ihre Leistung zu verweigern oder zurückzuhalten, wenn die Gegenleistung nicht oder nicht vertragsgemäss erbracht wird. Gerade im Baugewerbe kann dieses Recht von entscheidender Bedeutung sein, da Bauprojekte oft von vielen Variablen abhängen und Verzögerungen oder Mängel wie auch ausbleibende oder verspätete Zahlungen keine Seltenheit sind.
Für Auftragnehmer stellt das Leistungsverweigerungsrecht eine Möglichkeit dar, sich gegen Zahlungsverzögerungen oder mangelhafte Planung seitens des Auftraggebers zu schützen. Wenn beispielsweise vereinbarte Zahlungen nicht rechtzeitig erfolgen oder der Auftraggeber wesentliche Informationen, Pläne, Vorleistungen oder Ressourcen nicht zur Verfügung stellt, kann der Auftragnehmer die weitere Arbeit vorübergehend einstellen, bis die Probleme gelöst sind.
Auf der anderen Seite ermöglicht das Leistungsverweigerungsrecht dem Auftraggeber, sich gegen unzureichende oder mangelhafte Leistungen des Auftragnehmers zu wehren. Wenn zum Beispiel die ausgeführten Arbeiten nicht den vereinbarten Standards entsprechen oder wichtige Meilensteine nicht erreicht werden, kann der Auftraggeber die Zahlungen zurückhalten, bis die Mängel behoben oder andere Vereinbarungen getroffen wurden.
Entgegen einer in der Baubranche weit verbreiteten Auffassung wird dieses Leistungsverweigerungsrecht auch durch die gegebenenfalls anwendbar erklärte SIA-Norm 118 nicht eingeschränkt, da deren Art. 37 Abs. 1 nur eine «vertragswidrige» Unterbrechung verbietet. Allerdings kann vertraglich wirksam vereinbart werden, dass dem Unternehmer jede Unterbrechung der Arbeiten untersagt ist (da Art. 82 OR nicht zwingendes Recht darstellt).
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Wichtig für beide Parteien ist immer, dass das Leistungsverweigerungsrecht kein Freibrief ist. Es muss gegebenenfalls sorgfältig und unter Berücksichtigung der vertraglichen Vereinbarungen ausgeübt werden. Ein falscher Gebrauch dieses Rechts kann erhebliche rechtliche und finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen. Insbesondere ist jeweils zu beachten, dass die Leistungsverweigerung im Verhältnis zur ausstehenden Gegenleitung keine völlig unverhältnismässige Massnahme darstellt, da dies als rechtsmissbräuchlich und damit vertragswidrig qualifiziert würde. Und Grundvoraussetzung ist stets, dass die ausübende Partei selber nicht vorleistungspflichtig ist, sondern dass die Haupt- und die Gegenleistung beide fällig sind. Sodann ist anzumerken, dass die Einrede von Art. 82 OR primär im Austauschverhältnis von vertraglichen Hauptleistungspflichten möglich ist, zwischen vertraglichen Nebenleistungspflichten hingegen nur ausnahmsweise.
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Michael Wolff, 23.04.2024