Hire for Aptitude, Train for Skill
Auszug aus dem Buch "besseres Recruiting mit Personalentwicklung" von Tizian Kneschk

Hire for Aptitude, Train for Skill

Simon Sinek, ein brillanter Vordenker und inspirierender Redner. Seine Ansichten zur Führung von Menschen, der optimistische Blick auf den Menschen und die Fähigkeit seine Sichtweisen prägnant darzustellen, zeichnen ihn aus. Verleiten jedoch auch dazu, seinen Worten blind zu glauben und sie werden wie ein Mantra vorgetragen, ohne den Inhalt methodisch zu bearbeiten.

Nein, ich habe nichts gegen seine Ansichten und er ist in Vielem wirklich sehr beeindruckend und vorbildhaft. Aber mich beschäftigt, dass seine Worte einfach als Wahrheit übernommen und als Begründung genutzt werden, um eigene Ansichten im Recruiting durch berühmte Zitate zu untermauern.

„Hire for Attitude, Train for Skill”, so die Kurzfassung seiner Worte. Natürlich sind die Einstellung, die Motivation oder das Warum, ungemein wichtig, um einen Job exzellent auszuführen. Zeitgleich ist es ein falscher Freund in der Personalauswahl. Aber warum ist das so?

Zum einen ist sie teilweise veränderbar und zum anderen schwer zu erfassen. Vereinfacht gesprochen, gibt es explizite und implizite Einstellungen. Explizite Einstellungen sind bewusste Bewertungen, die wir direkt äußern können. Sie sind leichter zu ändern. Implizite Einstellungen sind hingegen unbewusst, wir bewerten hier schnell, und automatisch - und treffen so ein Urteil. Sie sind schwerer zu verändern und daraus resultierendes Verhalten ist sehr konsistent. Nehmen wir als Beispiel Vorurteile. Während wir gemeinhin wissen, dass Vorurteile gesellschaftlich nicht erwünscht sind, werden wir verbal stets konform handeln und das wahrscheinlich Richtige sagen. Unbewusst können wir dennoch Vorurteile haben, teilweise uns selbst nicht im Klaren darüber sein, dass wir hier indirekt eine Meinung bilden. Hier empfehle ich einmal den „Implicit Association Test“ der Harvard University zu machen – er ist kostenfrei und öffnet einem selbst die Augen für vorhandene, unbewusste Urteile.

So. Und was will ich nun damit sagen?                                            Die methodische Erfassung der Einstellung, explizite und implizite, ist durchaus möglich. Sie ist jedoch aufwendig. Es bedarf strukturierter Fragebögen und standardisierter Tests, um hier Einblicke zu ermöglichen. Und jetzt denken wir mal an die üblichen Auswahlverfahren bei Stellenbesetzungen. Es wird überwiegend auf Interviews zurückgegriffen, die nicht selten völlig strukturlos und basierend auf dem Lebenslauf geführt werden. Was genau trifft also ein Urteil über die Einstellung einer Person? Richtig, es ist meistens der Bauch. Denn unsere eigenen unbewussten Einstellungen, kognitiven Verzerrungseffekte und heuristischen Entscheidungsmechanismen übernehmen einfach.

„Hire for Attitude, Train for Skill”, dieser einfache Satz von einem schlauen, kommunikationsstarken Vordenker, öffnet Tür und Tor für unfaire, intransparente Auswahlverfahren und somit für Fehlentscheidungen in der Stellenbesetzung. Dabei kann ein Buchstabe den Unterschied machen. Wenn wir nicht nach „Attitude“ einstellen, sondern uns fokussieren auf:

„Aptitude“ – Die Eignung.

Geeignet ist, wer die notwendigen Kompetenzen, das notwendige Wissen und die erforderlichen Fähigkeiten besitzt, um die vorhandenen Anforderungen des Jobs zu erfüllen.

Diese Anforderungen gilt es nicht nur zu bestimmen, sondern methodisch zu erarbeiten. Durch Gespräche mit Stelleninhabern, einstellenden Managern und Schnittstellen. Gerade mit Blick auf kritische Situationen und wie diese gelöst wurden, findet sich ein gutes Anforderungsprofil für die Stellen. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht. Denn am Ende stellt man gezielte Fragen zu der Stelle und definiert so Kompetenzen und notwendige Hard Skills. Dies führt zu einem besseren Verständnis der Stelle und macht deutlich, wer sie erfolgreich ausfüllen kann.

Wer sich so mit seiner Stelle beschäftigt, kann sehr zielsichere Stellenanzeigen formulieren, die genau aufzeigen, was gesucht wird, was eine Mindestanforderung ist und was „Nice-To-Have“ ist. Dadurch öffnet sich das Bewerbungsfeld sehr, es gibt jedoch nicht zwangsweise mehr, sondern auch passendere Bewerbungen.

Wenn die Kompetenzen und Hard Skills bekannt sind, dann kann das Auswahlverfahren danach ausgerichtet werden. Dabei kann auf Arbeitsproben, strukturiere Fragebögen und konkrete Erhebungen der Fachkenntnisse gesetzt werden. Arbeitsproben sind Aufgaben, die eine echte Arbeitssituation darstellen und deren Lösung einen starken Einblick auf Fähigkeiten zeigen und dabei auch Lösungswege offenbaren, die Kompetenzen spiegeln. Strukturierte Fragebögen in Interviews sollten kompetenzbasierte Fragen beinhalten. Tests zur Fachkenntnis (Coding Challenges, Experteninterviews, etc.) zeigen deutlich das Level an Wissen. Die Ergebnisse sollten objektiv bewertet werden mittels einer vorab definierten Bewertungsskala, der „Wunschantworten“ zu Grunde liegen. So werden in dem gesamten Verfahren die gegebenen Antworten bewertet und nicht das eigene Gefühl zur Person.

Zu kompliziert? Dann mache ich es einmal einfach. Stelle sicher, dass dein Auswahlverfahren relevant, vergleichbar und objektiv ist. Überlege dir vorab jobrelevante Fragen, die mit den notwendigen Kompetenzen und Fähigkeiten zusammenhängen. Stelle diese Fragen möglichst gleich an alle Bewerbenden im Prozess. Und bewerte die Fragen anhand einer vorab definierten Skala (1-4).

Denn wenn du Fragen stellst, die für den Job tatsächlich auch wichtig sind, stellst du fest, ob jemand die Situationen darin meistern kann. Wenn du allen die gleichen Fragen stellst, wirst du besser zwischen den unterschiedlichen Menschen vergleichen können. Und wenn du eine Skala zur Bewertung hast, kannst du unvoreingenommenere Entscheidungen treffen.

So wird dein Auswahlprozess fair, transparent und zielführend. Und vor allem, kannst du nun deine Entscheidung anhand der wahrgenommenen „Attitude“ treffen. Warum?

Weil du nun die Eignung für den Job kennst. Du weißt, welche der relevanten Kriterien in welchem Maß erfüllt sind. Wo es Bedarf an Entwicklungsmaßnahmen gibt. Wo der Fokus für die Person in der Einarbeitung und Entwicklung gesetzt werden kann.

Du hast ein klareres Bild, was die Person zur Erfüllung der Aufgabe mitbringt. Und du weißt also nun sehr genau, welche der fehlenden „Skills“ du trainieren musst.

So kannst du also durch den Fokus auf Eignung den Job besser verstehen, das Auswahlverfahren danach ausrichten und Menschen einstellen, die noch nicht alles beherrschen. Weil du die Ruhe und Gewissheit hast, dass sie den Job erfolgreich ausüben können. Nur manches noch lernen müssen, falls sie es denn müssen.

Eignung ebnet also den Weg für gute Entscheidungen. Oder anders gesagt:

Wenn dein Auswahlprozess nach der Eignung ausgelegt ist, kannst du am Ende deinen Bauch beruhigt entscheiden lassen.    Denn für den Rest ist durch dein Auswahlverfahren bereits gesorgt.

Deshalb sage ich:

Hire for Aptitude, Train for Skill.

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Auszug aus dem Buch "besseres Recruiting mit Personalentwicklung" von Tizian Kneschk

Holger Ebel

𝗚𝗲𝗵ö𝗿𝗲 𝘇𝘂 𝗱𝗲𝗻 𝗧𝗢𝗣 𝟱% 𝗕𝗲𝘄𝗲𝗿𝗯𝗲𝗿𝗻: ✔️ Premium Bewerbungs-Unterlagen ✔️ 1A LinkedIn-Profil ✔️ Überzeugendes Interview ✔️ Selbstbewusste Gehalts-Verhandlung ➡️ > 500 erfolgreiche Kunden (letzten 3 J.)

6 Monate

„Hire for Attitude, Train for Skill” ist für viele eine wahre Provokation! Attitude? Einstellung & Haltung? Was ist das? Was soll das sein? Kann man das messen? NEIN! Eine Einstellung, eine Haltung, die Motivation und das Warum kann man nicht messen. Das muss man wahrnehmen! Das ist ein Gefühl❗ Es gibt ja unterschiedliche Typologien an Menschen. Wenn wir uns mal an der DISG-Analyse halten, da gibt es die "blaue" & "rote" Typen. Diese orientieren sich (hauptsächlich) an Zahlen, Daten Fakten. Und es gibt die "gelben" & "grünen" Typen, die sind (eher) menschenorientiert. Während die "gelben" & "grünen" Typen sich auf deren Bauchgefühl verlassen (können), ist dieses Vorgehen für die "blaue" & "rote" Typen ein Graus. Und so verhält es sich auch auch umgekehrt, wenn die "gelben" & "grünen" Typen mitbekommen, dass man Personalentscheidungen allein aufgrund von Messungen durchführt. Meine Einstellung dazu ist: Wer kein Gespür für Menschen hat, sollte die Hände von der Führung von Menschen und auch damit auch von Personalentscheidungen lassen! Ja, das ist eine krasse Einstellung. Aber sie zeigt sich immer und immer wieder. Es sind Menschen, die andere Menschen dazu inspirieren, großartiges zu leisten.

Ulrich Zeiner

Senior Software Entwickler bei ESA Elektroschaltanlagen Grimma GmbH | FullStack- Application, Modeling, Frontend-Entwicklung

9 Monate

Ich sage hier einfach, sehr gut zusammengefasst und mit den neusten Erkenntnissen der Hirnforschung konform.

Daniela Neidhardt

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10 Monate

Wenn ich über 20 Jahre so eingestellt hätte, hätte ich nicht mehr meine Jobs. 😉Erschreckend, wie naiv manche glauben, aus welchen BIAS auch immer, dass allein attitude, die man gar nicht irgendwie messen kann und so nebulös ist wie ein diffuses Bauchgefühl, ausreiche um Ergebnisse zu schaffen. ...

Anina Kuntsche

#one.camos, Recruiting-Enthusiastin, Neugierig auf Menschen & Trends, mit Leidenschaft für Begegnungen. Offen für neue Verbindungen und immer für einen Lacher zu haben.

10 Monate

Welchen Unterschied ein kleiner Buchstabe machen kann! Sehr guter Artikel, der auch Lust auf das Buch macht. Danke!

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