COVID-19 – ein völlig neues Einkaufserlebnis

COVID-19 – ein völlig neues Einkaufserlebnis

So hatten wir sie uns wohl nicht vorgestellt: die Apokalypse. Statt Zombies auf der Jagd nach menschlichem Hirn sind es ganz normale Bürger auf der Jagd nach Klopapier, die dieser Tage das Bild unserer Krise prägen. Warum? Das wird wohl niemand so richtig beantworten können – auch derjenige nicht, der zu den Glücklichen zählt, die wieder mal eine der heiß begehrten Familienpackungen abstauben konnte. Bestenfalls vierlagig. Das mag zunächst alles absurd und ein wenig witzig klingen – aber tatsächlich hat sich nicht nur unser Einkaufsverhalten, sondern auch das „Erlebnis Einkauf“ in den vergangenen Wochen grundlegend geändert. 

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Wie der stationäre Lebensmitteleinzelhandel zum angesagtesten Laden der Stadt wurde

„Du kommst hier net rein!“

Der Türsteher – viele kennen ihn noch aus früheren Tagen als Wächter der coolen Clubs. Inzwischen ist er unser täglicher Begleiter. Er wacht über die Einhaltung der strikten Regeln in Supermärkten. Von der Benutzung des Einkaufswagens bis hin zu deren Desinfektion. Das Berufsbild des ehemaligen Richters über cool oder uncool und dem damit zusammenhängenden Zugang zu den angesagtesten Clubs hat sich deutlich verändert. Aber seien wir ehrlich: In seiner neuen Funktion ist er deutlich sympathischer.

Die Jagd auf das weiße Gold ist eröffnet

Hat man den strengen Türsteher hinter sich gelassen, führt dieser Tage der erste Gang der meisten Einkäufer zum Regal mit dem Toilettenpapier. Und dieses ist in der Regel leer. Das wundert bei einem Blick auf die aktuellen Zahlen nicht wirklich: Der Absatz von Toilettenpapier ist von Februar bis März 2020 um 700 % gestiegen.

Woher diese Art der Hamsterkäufe rührt? Man weiß es nicht. Spannend ist dabei übrigens ein Blick über den Tellerrand hin zu unseren europäischen Nachbarn: Denn während die Deutschen Klopapier und Mehl – mit einem Plus gegenüber dem Vorjahreszeitraum von 185,2 Prozent – bunkern, zeigen sich unsere europäischen Nachbarn deutlich lebensfroher.

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Andere Länder, andere Sitten: Während die Deutschen ihre Keller mit Klopapier auffüllen, legen die Franzosen mehr Wert auf einen stabilen Weinvorrat

Hamsterkäufe im europäischen Vergleich

Während die Franzosen sich zunächst mit einer angemessenen Menge Rotwein ausgestattet haben, standen in den holländischen Städten die Bürger vor den Coffeeshops so lange Schlange, wie man es sonst nur von Berliner Szeneclubs kennt.

Die Sextoy-Marke We-Vibe verzeichnete laut interner Daten seit Jahresbeginn ein Umsatzwachstum von mehr als 300 Prozent über Prognose.

Und dann gab es noch diese Meldung: Die Sextoy-Marke We-Vibe verzeichnete laut interner Daten in Italien seit Jahresbeginn ein Umsatzwachstum von 304 Prozent über Prognose, in Spanien sind es 295 Prozent, in Frankreich liegen die Verkäufe immerhin 197 Prozent über den erwarteten Zahlen – zum Vergleich: in Deutschland, Österreich und der Schweiz bei lediglich 21 Prozent.

Die Angst vor Corona(-Bier)

Weniger witzig, aber doch sehr beeindruckend kommt folgende Meldung daher: Nach Angaben des weltgrößten Bierbrauers ist der Umsatz von Corona-Bier in den ersten beiden Monaten nach Ausbruch des Virus um rund 170 Millionen Euro zurückgegangen. Einer Telefonumfrage der Agentur 5WPR zufolge sagten 38 Prozent der Bier trinkenden Amerikaner, aufgrund des Virus das gleichnamige Bier aktuell nicht zu kaufen. Inzwischen ist die Fabrik stillgelegt – das allerdings aufgrund des allgemeinen Lockdowns in Mexiko.

Jetzt aber!

Aber Spaß beiseite: An vielen Stellen des öffentlichen Lebens sorgt die Corona-Krise für echte Innovationen. Das zeigen unter anderem Gastronomen, die mithilfe von Rutschbahnen zur Essensausgabe den Mindestabstand einhalten. Oder auch – um bei der Clubkultur zu bleiben – viele Musiker in Form von Livekonzerten via Stream.

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Früher vor allem bei Autokinos und Fast-Food-Ketten ein Trend – inzwischen Standard für viele „Auswärts-Esser“: der Drive-in

Gleichzeitig schleichen sich in den Lebensmitteleinzelhandel Lösungen und Konzepte, die seit Jahren zwar im Raum standen – aber dann doch zu ungewohnt oder auch innovativ waren. So ist aus dem Land der Barzahler auf einmal eine Nation des bargeldlosen Bezahlens geworden. Was in vielen anderen Ländern weltweit bereits Standard ist, wird hierzulande nun in der großen Krise endlich Realität. Um diese Entwicklung zu unterstützen, hat die Deutsche Kreditwirtschaft vor, das Limit für kontaktloses Bezahlen ohne PIN auf 50 Euro zu erhöhen.

Aber auch innovative elektronische Bezahlsysteme könnten sich jetzt etablieren. Es gibt bereits seit Längerem die Scanbox in manchen Supermärkten – ein Einkaufswagen mit integriertem Scanner. Die „KOALA-APP“ geht sogar noch einen Schritt weiter: Mit dieser können die Kunden selber scannen und die Ware direkt bezahlen – ganz ohne Kontakt.

Ich bin gespannt, wie sich diese Konzepte in unserem hoffentlich bald wieder etwas normalisierenden Alltag durchsetzen. Denn nur mit zukunftsfähigen Ideen und Lösungen wird der Lebensmitteleinzelhandel auch als Investment stabil bleiben. 

Andreas S.

Senior Managing Partner at Curia Treuhand GmbH

4 Jahre

Die corona Krise wird den Preis der gewerblichen Flächen nachhaltig verändern. Meine Mandanten und auch ich haben bemerkt, dass es mit home office auch geht. Durch das Verkleinern der Mietflaeche kann ein weiterer Mitarbeiter eingestellt werden, der, im Gegensatz zu Fläche, Umsatz generieren kann. Es erfolgt also die Substitution von Fläche gegen Arbeit. Das ganze wird sich auf den Markt fuer Bueroimmobilien in ca. 2,5 Jahren durchschlagen unter der Annahme, dass Mietverträge durchschnittlich auf mind. 5 Jahre abgeschlossen werden. Bei den Einzelhandelsflaechen bleibt abzuwarten wohin es geht. M. E. ist die Dezentralisierung des Einkaufs nicht mehr aufzuhalten. Interessant ist nur noch die Frage auf welchem Niveau und somit, in welchen Umfang der Abverkauf von Gewerbeimmobilien verlustfrei 'noch' vorgenommen werden kann. In USA haben letzte Woche drei der groessten Einzelhändler wie z. B MARCY bereits Zahlungsschwierigkeiten. Von gesteigerten Interesse ist somit wie die Transformation der bestehen bleibenden gewerblichen Mietflaechen frühzeitig vorgenommen werden kann. Das ist die zukuenftige Aufgabe der Projektentwickler.

Achim Bauer

Immobilienunternehmer, Geschäftsführer, Aufsichtsrat

4 Jahre

Krise einmal humorvoll beschrieben! Kompliment ...

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